Die Verfügung lässt keine Zweifel offen: Bei dem geplanten Bau des Wasserkraftwerks Belo Monte am Amazonas-Nebenfluss Xingu sei der Lebensunterhalt von 1000 Fischerfamilien gefährdet, urteilte ein brasilianischer Bundesrichter. Dem Baukonsortium Norte Energia wird daher „die Errichtung von Häfen, Explosionen, der Bau von Dämmen, der Aushub von Kanälen“ untersagt, also „jeglicher Eingriff in den natürlichen Lauf des Xingu mit daraus resultierenden Störungen der Fischpopulationen“.
Seit Jahrzehnten wehren sich die indigene Bevölkerung und Umweltschützer gegen das Megaprojekt, für das Zehntausende umgesiedelt werden müssten. Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff argumentiert dagegen, Belo Monte sei unverzichtbar für die Entwicklung des Landes. In der Justiz sind über zehn weitere Verfahren anhängig, darunter eines wegen der „Verletzung der Naturrechte“. Aller juristischen Einwände zum Trotz hat das Umweltministerium stets die erforderlichen Baugenehmigungen erteilt.
Unbill droht den Bauherren aber auch von ungewohnter Seite: Die Stadtverwaltung von Altamira, dem Bischofssitz am Xingu, der zu einem guten Drittel geflutet werden soll, fordert jetzt gemeinsam mit lokalen Wirtschaftsverbänden, Bürgerkomitees und dem Stadtrat die Aussetzung der Baugenehmigung vom Juni. Norte Energia, das in der Region bereits Baucamps errichtet, erfülle die vorgeschriebenen Umwelt- und Infrastrukturauflagen nicht, klagen die Bewohner: „Wir wollen nicht, dass aus dem Traum eines Erste-Welt-Altamira ein Alptraum wird“.
Belo Monte soll 2015 in Betrieb gehen, es wäre dann das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt. Ein Großteil des produzierten Stroms soll Stahl- und Aluminiumwerken in Amazonien zugute kommen. Die Turbinenbauer Andritz (Österreich), Voith-Hydro (Deutschland) und Alstom (Frankreich) haben von Norte Energia bereits Aufträge zur Lieferung technischer Komponenten in Millionenhöhe erhalten, Daimler-Benz liefert Lkws.
Andritz reagierte gelassen auf den Baustopp. Bereits früher seien solche Verfügungen wieder aufgehoben worden, sagte ein Konzernsprecher. Die brasilianische Regierung und Norte Energia würden die „nötigen Schritte“ unternehmen, hieß es heute in Brasília.
SPÖ-Entwicklungssprecherin Petra Bayr forderte Andritz auf, sich aus Belo Monte zurückzuziehen: „Es wäre unverantwortlich, dieses Projekt gegen massive Umweltbedenken und den Willen der dort lebenden indigenen Bevölkerung umzusetzen“.