vonKnut Henkel 17.01.2010

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Kuba hat den USA das Überfliegen des kubanischen Luftraums gewährt, damit schneller und effektiver Hilfe nach Haiti gebracht werden kann. Eine humanitäre Geste Havannas, denn das Verhältnis zwischen Havanna und Washington ist alles andere als entspannt.

Josefina Vidal heißt die Verantwortliche für Nordamerika im Außenministerium. Sie hat den USA jede erdenkliche Hilfe zugesagt, um den Erdbebenopfern in Haiti zu helfen. Kubas medizinische Einrichtungen in Haiti stünden offen, und das Überfliegen des kubanischen Luftraums sei kein Problem. Doch generell ist man im Außenministerium nicht allzu gut auf die USA zu sprechen. Die Entscheidung, Kuba auch weiterhin als „Terrorstaat“ zu deklarieren, ist in Kuba allles andere als begeistert aufgenommen worden und hat das bilaterale Verhältnis merklich getrübt.

Ein Blick in die Presseerklärung des kubanischen Außenministeriums ist unvermissverständlich. Ungerechtfertigt und willkürlich sei das Vorgehen des State Department, Kuba auf die Liste der insgesamt vierzehn Länder zu setzen, die als „Schirmherrn des Terrorismus“ bezeichnet werden. Auch in der Parteizeitung Granma vom 8. Januar wurde die umfangreiche Note des Außenministeriums abgedruckt. Als „feindliche Handlung“ wurde das Vorgehen des State Department in Havanna bezeichnet. Obendrein sei es „diskriminierend und selektiv“. Eine Haltung, die selbst in den USA Sympathisanten hat, denn  die Washington Post bewertete das Durchsuchen von Maschinen aus Kuba als „Zeitverschwendung“.

Ende der Hoffung auf politisches Tauwetter

Mit der Entscheidung des State Department enden aber auch zwölf Monate der Hoffnung. Der Hoffnung auf ein Ende der Feindseligkeiten zwischen dem Koloss im Norden, wie Kubas Nationalheld José Martí die USA einst nannte, und der Insel, die sich hartnäckig den Gesetzen der Schwerkraft widersetzt. Schon Thomas Jefferson hatte nämlich einst davon schwadroniert, dass Kuba „wie ein reifer Apfel in den Schoß Amerikas“ fallen müsse. Eingetreten ist das nicht. Die US-Regierung tut sich auch unter Barack Obama schwer, über den eigenen Schatten zu springen.

Folglich wurde Kuba auch nicht von der Liste der Terrorstaaten gestrichen, die alljährlich vorgestellt wird. Zuletzt am 30. April 2009 und wieder stand Kuba auf der famosen Liste, was in Kuba mit einigem Unglauben registriert wurde. Schließlich, so das Außenministeirum in Havanna, gäbe es keinerlei Belege dafür gibt, dass terroristische Akte von Kuba aus geplant oder koordiniert wurden.

Friedensengel ohne Angebote

Vertrauensbildende Maßnahmen sehen anders aus. Barack Obama hat es schlicht verpasst, das Zeichen zum Dialog zu setzen, welches er von seinem Gegenüber in Havanna mehrfach verlangt hatte. Natürlich waren die Reiseerleichterungen für Exilkubaner genauso wie der Abbau der Hürden bei den Geldüberweisungen wichtig – auch für die Kuba – aber sie waren zuerst und vor allem ein Wahlversprechen an die Wähler in Miami. Ein echtes Entgegenkommen von Seiten der USA an die Regierung in Havanna hat es nicht gegeben.

Dabei wäre es nicht allzu schwierig gewesen. Seit 1998 sitzen fünf kubanische Geheimagenten, die exilkubanische Terrororganisationen ausspionieren sollten, in US-Gefängnissen. Internationale Menschenrechtsaktivisten fordern seit langem einen fairen Prozess für die fünf, die zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden. Die neuerliche Prüfung des Falls wäre bereits ein Signal an Havanna gewesen.

Optionen hätte Barack Obama auch im Kontext des US-Militärstützpunktes in Guantánamo, der von Kuba „als Stachel im eigenen Fleisch“ empfunden wird, wie es Fidel Castro einmal genannt hat. Signale aus Washington blieben selbst aus, als entscheiden war, dass das Gefangenenlager dort aufgelöst werden soll. Auch das Ende des platten Propagandasenders Radio und Televisión Martí wäre eine derartige Geste, die in Havanna gut angekommen wäre.

Gesten an Kuba sind in Washington jedoch nicht en Vogue und viel mehr als die Bereitschaft sich mit Barack Obama zu treffen, hat sich auch Raúl Castro nicht entlocken lassen. So hat sich das Verhältnis in den letzten acht Monaten merklich abgekühlt. Kuba ist, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, dazu übergangen, seine Importe in den USA zu senken. Das jüngste große Antinvasionsmanöver der Armee diente einmal mehr der Abschreckung.

Es hat den Anschein, als seien die Uhren im US-kubanischen Verhältnis zurückgestellt worden und dabei passt es ins Bild, dass gerade ein US-Amerikaner in Havanna festgehalten wird, weil er, so die Kubaner, ein Geheimdienstagent sei. Washington bestreitet das.

Der Mann, der für die US-Entwicklungshilfeorganisation Development Alternatives (DAI) auf der Insel war, arbeitete für ein Projekt der US-Regierung zur Verbesserung der Telekommunikation auf der Insel. Mobiltelefone und Klein-Computer hat der Mann, so  die kubanische Seite, allerdings ausschließlich an kubanische Dissidenten ausgeliefert. In den Augen der kubanischen Regierung ist das ein Affront, weshalb der Mann seit Anfang Dezember in Kuba im Gefängnis sitzt.

Die Zeiten des politischen Tauwetters scheinen bereits beendet, bevor die Eisschicht begonnen hat zu schmelzen. Daran wird auch das kubanische Entgegenkommen in Sachen Haiti nichts ändern.

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