vonDominic Johnson 28.05.2011

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Das Unterhaus des kongolesischen Parlaments (Assemblée Nationale) hat am Mittwoch 25. Mai nach wochenlangem Hin und Her mit 365 gegen 2 Stimmen ein neues Wahlgesetz verabschiedet, das das bisherige von 2006 ergänzt und als Grundlage für die Wahlen Ende 2011 dienen soll. Die wichtigsten von der Regierung gewünschten Neuerungen wie die bereits per Verfassungsänderung beschlossene Abschaffung der Stichwahl um die Präsidentenwahl sind damit jetzt endgültig durch, ebenso die Klausel, dass Kandidaten für Präsidentschaft und Parlament einen Schulabschluss vorweisen müssen.

In einigen wenigen Punkten jedoch konnte sich das Kabila-Lager nicht vollkommen durchsetzen: die Neuziehung der Wahlkreise in der Hauptstadt Kinshasa, die anstelle der bisherigen vier großen Wahlkreise jeden Stadtbezirk zu einem eigenen Wahlkreis gemacht hätte, und die Festlegung einer 10-Prozent-Hürde, um in einem Wahlkreis überhaupt Sitze zu bekommen. Diese beiden Vorschläge, die zusammengenommen kleinere Parteien in der Hauptstadt benachteiligt und damit viele kleinere Politiker aus dem Rennen geworfen hätten, wurden von den Abgeordneten gekippt. Die 10-Prozent-Hürde war ursprünglich sogar eine 20-Prozent-Hürde gewesen.

Die Debatte um diese beiden Artikel – die Artikel 115 und 118 des Wahlgesetzes – war besonders hitzig gewesen, vor allem, als am Dienstag plötzlich der Strom ausfiel und die Abgeordneten im Dunkeln saßen, als sie gerade anfangen wollten, darüber zu reden. Als die Parlamentarier feststellten, dass nur bei ihnen der Strom ausgefallen war und sonst nirgends, dachten sie sofort an Sabotage und verließen empört den Saal. Eine kleine, aber vielsagende Episode.

Nach dem Erfolg der Änderungsanträge der Opposition, diese beiden Artikel umzuformulieren, stand dann aber der nahezu einstimmigen Verabschiedung des Gesetzes nichts mehr im Wege. Auf Initiative der Opposition wurde außerdem die massive Erhöhung der von Kandidaten zu hinterlegenen Kautionen wieder rückgängig gemacht; die Kautionen bleiben auf dem Niveau von 2006. Es wurde festgelegt, dass jeder Präsidentschaftskandidat den Anspruch auf eine 25köpfige Polizeigarde hat; bisher hat nur Präsident Kabila eine eigene Garde. Und das Zusammenrechnen der Ergebnisse der einzelnen Wahllokale wird diesmal in jedem Wahlkreis einzeln vollzogen; 2006 hatte es Verzögerungen und Unstimmigkeiten beispielsweise in Kinshasa gegeben, weil dieser Vorgang übermäßig zentralisiert war.

In Kinshasas Medien wird die Verabschiedung dieses neuen Wahlgesetzentwurfs als Erfolg der Opposition sowie der kleineren Parteien in Kabilas Allianz MP (Majorité Présidentielle) gewertet und als Niederlage von Kabilas Parlamentspräsident Evariste Boshab. Er habe es nicht geschafft, die kleineren Partner Kabilas bei der Stange zu halten. Es will sich eben jeder so teuer wie möglich verkaufen, und die Ausnutzung der Spielräume, die es nach wie vor in den gewählten Institutionen des kongolesischen Staates gibt, ist dafür das effektivste Mittel. Man darf dies ruhig als Zeichen eines demokratischen Fortschritts sehen.

Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen finden laut dem Ende April von der Wahlkommission vorgelegten Zeitplan am 28. November statt. Die Wahlkommission registriert derzeit alle Wähler neu und lag am 26. Mai bei 16.848.280, etwas über die Hälfte der Bevölkerung im wahlberechtigten Alter.

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