vonGerhard Dilger 06.11.2010

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Die Veränderungen in der deutschen Außenpolitik kommen möglichst unauffällig. Nur selten verstößt jemand gegen dieses ungeschriebene Gesetz wie Horst Köhler Ende Mai. Im Notfall, sagte der Bundespräsident in seinem folgenreichen Interview, sei eben auch “militärischer Einsatz notwendig, um unsere Interessen zu wahren”.

Auch in Lateinamerika will die schwarz-gelbe Koalition einen folgenschweren Kurswechsel forcieren. Besonders hofiert wird dabei Kolumbien, das seit vielen Jahren unter dem Vorwand des “Antidrogenkriegs” zum US-Brückenkopf in dem links gewendeten Subkontinent ausgebaut wird. Nach Köhler 2007 und Kanzlerin Merkel 2008 ist nun Entwicklungsminister Dirk Niebel zu einem Staatsbesuch in dem lange gemiedenen Bürgerkriegsland eingetroffen.

Dort möchte der FDP-Mann die Beteiligung deutscher Entwicklungsexperten an einem Aufstandsbekämpfungsprogramm durchdrücken, das Kolumbien zusammen mit den USA in einer Hochburg der Farc-Guerilla umsetzt. Ihm liegt die Doktrin der “Integralen Aktion” zugrunde, laut Washington Post ein militärisch-ziviler Ansatz, der auch im Hinblick auf Afghanistan interessant sei. Doch die Zwischenergebnisse im kolumbianischen “Pilotgebiet” Macarena sind ernüchternd, ein Ende des Kriegs ist nicht abzusehen.

Vor einem Jahr hatte Niebel, übrigens im selben Atemzug mit seiner neuen Afghanistanpolitik, die Wende in Kolumbien angekündigt. Nun soll ein scheinbar unverdächtiger “Umweltkartierungsplan” als Türöffner für ein weitergehendes Engagement herhalten – trotz der Warnungen von Kirchenleuten, Menschenrechtlern und Experten der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit.

Dazu passt die führende Rolle von Abteilungsleiter Harald Klein. Als Auslandschef der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung gehörte der Niebel-Spezi 2009 zu den lautesten Propagandisten des Militärputsches in Honduras. Zusammen mit den Stiftungen der Union bereiten die FDP-Neocons dem Rechtsruck in der deutschen Lateinamerikapolitik schon seit Jahren den Boden.

Wie auf EU-Ebene bilden darin Wirtschafts-, Außen- und Entwicklungspolitik eine homogene Einheit. Auch wenn die Bundeswehr noch nicht nach Südamerika geschickt wird: Dirk Niebel gebührt das Verdienst, auf die militärische Dimension dieser Politik hingewiesen zu haben.

(Kommentar in der taz, 6./7.11.10)


Der Bericht der Hilfswerke. Die Sicht der mitreisenden Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel (Die Linke). Die Erklärung ihres grünen Kollegen Thilo Hoppe.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/niebel_in_kolumbien_schoene_neue_aussenpolitik/

aktuell auf taz.de

kommentare