vonGerhard Dilger 09.11.2010

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Die Ansichten über die am Wochenende zu Ende gegangene Südamerikareise von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sind geteilt. Während Niebel selbst, in einem Interview mit der Deutschen Welle, eine »positive Bilanz« zieht, kommt das Internetportal amerika21 zur entgegengesetzten Schlussfolgerung.

Für nicht wenige klingt Niebels Aussage wie eine Drohung: »Ich denke, wir sollten uns mehr um diesen Kontinent kümmern.« Denn die Bundesregierung sieht Lateinamerika vor allem als wichtigen Investitionsstandort und Rohstofflieferanten, wie auch auf dem Kurztrip von Niebels Parteifreund und Außenminister Guido Westerwelle durch Chile, Argentinien und Brasilien im März deutlich geworden war. Entwicklungspolitik steht in Niebels Lesart im Dienst von Wirtschaftsinteressen deutscher Firmen.

So mahnte er in Bolivien gegenüber Präsident Evo Morales Rechtssicherheit für ausländische Investoren an. Dort befürchtet er eine »Spirale nach unten«, weil angeblich »die staatlichen Betriebe private abschrecken« und »der Staat die Gewinne aus den Betrieben herauszuziehen scheint und nicht wieder investiert«. Der Bundestagsabgeordnete Thilo Hoppe (Grüne) findet hingegen: »Verstaatlichungen wie in Bolivien könnten durchaus positive Impulse für Entwicklung geben.«

Erwartungsgemäß sieht Niebel Peru und Kolumbien »auf einem guten Weg«. »Ich glaube übrigens auch, dass das Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union, das nächstes Jahr in Kraft treten wird, hier noch mal einen zusätzlichen Schub geben wird«, sagte er der Deutschen Welle.

Dort hieß es letzte Woche:

Die Ende Oktober von der Bundesregierung verabschiedete Rohstoffstrategie setzt tatsächlich auf mehr Partnerschaften mit rohstoffreichen Entwicklungs- und Schwellenländern. Das Wirtschaftsministerium, das Auswärtige Amt und das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit sollen dabei strategisch zusammenarbeiten. Rohstoffreiche Entwicklungsländer sollen, so erklärt Entwicklungsminister Dirk Niebel, von Deutschland bei der nachhaltigen Nutzung ihrer Rohstoffpotentiale unterstützt und ihre Integration in die internationale Rohstoffwirtschaft gefördert werden. „Ich bin für eine sehr werteorientierte Entwicklungszusammenarbeit, aber sie darf auch interessenorientiert sein“, sagt Niebel.

Sogenannte Public-Private-Partnerships, wie sie die »Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit« (GTZ) vor Morales‘ Wahlsieg Ende 2005 jahrelang für Boliviens Wasserpolitik propagiert hatte, sind für den FDP-Minister das Zukunftsmodell schlechthin – in Perus Präsident Alan García fand er einen begeisterten Gesinnungsgenossen.

Niebels Visite in Kolumbien mit seinen enormen Kohle- und Ölreserven stand im Zeichen des baldigen deutschen Einstiegs in ein US-kolumbianisches Aufstandsbekämpfungsprogramm. Auf kritische Artikel im Vorfeld reagierte der Minister unsouverän: Zur Übergabe eines erhellenden Berichts der kirchlichen Hilfswerke Diakonie Katastrophenhilfe, Caritas International und Misereor über die Lage im Kriegsgebiet Macarena an Funktionäre des Ministeriums wurden weder Journalisten noch die LINKE-Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel zugelassen.

Die folgenden Videos geben Aufschluss über Niebels programmatische Vorstelllungen zur Entwicklungspolitik – und Hänsels Kritik daran:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=nam_POr6_jI[/youtube]

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=oJ32ihAalNY[/youtube]

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https://blogs.taz.de/niebel_sieht_lateinamerika_als_rohstofflieferant/

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