vonDominic Johnson 31.10.2011

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Die ersten großen Wahlkampfkundgebungen haben sich am Wochenende auf Kinshasa konzentriert, mit getrennten Manifestationen der Präsidialpartei PPRD (Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie), der größten Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) und der mit ihr rivalisierenden UNC (Union für die Kongolesische Nation). Lediglich UNC-Präsidentschaftskandidat Vital Kamerhe trat in Kinshasa selbst auf. Staatschef Joseph Kabila – der offiziell als Unabhängiger antritt – zog einen Auftritt in Kindu vor, Hauptstadt der Provinz Maniema im Osten; UDPS-Führer Etienne Tshisekedi ist noch immer nicht aus Südafrika zurückgekehrt. Eine kuriose Art für die drei wichtigsten Kontrahenten der Präsidentschaftswahl, sich gegeneinander zu messen.

Kinshasas größte Tageszeitung „Le Potentiel“ hält denn auch mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. „Die Stunde der Wahrheit und der Manipulation hat geschlagen“, überschreibt sie ihre Analyse zum Wahlkampfauftakt, und ein Zwischentitel lautet „Die Wähler werden für arme Idioten verkauft“. Gemeint damit ist, daß manche skrupellosen Kandidaten all das, was internationale Hilfswerke für die kongolesische Bevölkerung getan haben, jetzt als ihre eigene Leistung reklamieren; daß andere „eine positive Bilanz vorlegen, weil sie nichts gemacht haben“, und daß andere immer noch der Mobutu-Kultur verhaftet sind, wonach man die Wähler mit billigen Geschenken – Bier, T-Shirts, Fahnen – ködert. Das alles vor dem Hintergrund von Wahlkampfpropaganda, die sich zwischen Demagogie und Hetze bewegt, so das Blatt weiter.

Zum Beispiel Kabila in Maniema, wie von dort berichtet wird. „Ich höre, daß ein alter 80jähriger, kaputt und von Krankheit geschwächt, den Jungen die Präsidentschaft streitig machen will“, soll der 40jährige Staatschef in seiner Auftaktrede in Kindu am Sonntag nachmittag gesagt haben. „Ist das die Weisheit des Alters?“ „Nein!!!“ sollen seine begeisterten Zuhörer zurückgerufen haben. Sollte die Anekdote stimmen – sie wird von anderer Quellen dementiert – , wäre sie ein Beleg dafür, daß Kabila 2011 längst nicht mehr so schüchtern und schweigsam ist wie 2006, als er sich noch von Vital Kamerhe sowie seiner Frau Olive Lembe den Wahlkampf fühen lassen musste.

Vielleicht ist sie aber auch einfach Wunschdenken jener, die sich einen dynamischen Kabila wünschen. Oder Propaganda seiner Gegner, die ihn als Hetzer darstellen wollen. Daß man das nicht wirklich beurteilen kann, ist symptomatisch für diesen merkwürdigen Wahlkampf aus Angst und Misstrauen.

Kabila fuhr heute von Kindu nach Kasongo weiter, wo er Elektrizität und Schulen versprach, und konnte dann seine Reise nicht wie geplant nach Kabambare fortsetzen, weil es zu sehr in Maniema regnet.

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