Die Befürchtungen vor einem gewaltsamen Wahlkampf im Kongo bewahrheiten sich. In der Millionenstadt Mbuji-Mayi – Hauptstadt der Provinz Ost-Kasai, Zentrum der Diamantenförderung des Kongo und Hochburg der Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), deren Führer Etienne Tshisekedi aus dieser Gegend stammt – wurde heute unterschiedlichen Berichten zufolge mindestens ein Mensch von der Polizei getötet.
Nach Polizeiangaben starb ein Mädchen, als Polizisten in die Luft feuerten, um rivalisierende Unterstützer Etienne Tshisekedis und Joseph Kabilas auseinanderzutreiben. Nach Oppositionsangaben gab es insgesamt vier Tote seit Donnerstag abend, als die Polizei mit Gewalt verhinderte, daß die UDPS sich zu ihrem ersten offiziellen Wahlkampfkonvoi versammelte. Als Begründung habe die Provinzregierung angegeben, die UDPS habe den Verhaltenskodex der Wahlkommission nicht unterzeichnet. Am Freitag soll die Provinzregierung nach einem Bericht des UN-Rundfunksenders Radio Okapi ein Demonstrationsverbot gegen die UDPS für die Dauer des Wahlkampfes verhängt haben – ausgerechnet in der Provinz, in der die Partei am stärksten ist.
Das Verbot sorgte demnach für eine Gewalteskalation. Die UDPS-Zentrale in Mbuji-Mayi sei von der Polizei verwüstet worden, so Radio Okapi. Angegriffen wurde auch das Haus eines UDPS-Parlamentskandidaten, aber auch von UDPS-Seite aus die Zentrale einer Kabila-nahen Kleinpartei, die Residenz eines Leibwächters des Provinzgouverneurs Alphonse Ngoyi Kasanji sowie der Dienstwagen des Gouverneurs selbst. Die Ausschreitungen am Samstag morgen seien sehr schwerwiegend gewesen.
Die Stimmung in Mbuji-Mayi ist schon länger sehr angespannt. 2006 hatten viele Menschen dort die Wählerregistrierung boykottiert, entsprechend dem Boykottaufruf der UDPS. Diesmal haben sie sich massiv auf die Wählerlisten eingeschrieben, aber es soll dabei zahlreiche Unregelmäßigkeiten gegeben haben. Provinzgouverneur Ngoyi Kasanji, ein ehemaliger Diamantenhändler und im Jahr 2000 stolzer Finder des größten Diamanten der kongolesischen Geschichte, ist Kabila-treu und tritt für dessen Partei PPRD (Volkspartei für Wiederaufbau und Entwicklung) zu den Parlamentswahlen an. Seine Gegner haben Hetzflugblätter in Umlauf gesetzt, wonach er plane, seine Rivalen umbringen zu lassen. Vor zwei Wochen warnte Ngoyi Kasanji, er werde jeden vor Gericht stellen lassen, der “xenophobe Lieder, die den Staatschef beleidigen, besitzt, spielt oder verbreitet”. In Teilen der Opposition wird der Wahlkampf gegen Kabila vor allem mit dem Vorwurf geführt, Kabila sei heimlich Ruander oder in Ruandas Tasche.
Auch in der Hauptstadt Kinshasa soll es heute im Vorort Ndjili (wo der internationale Flughafen liegt) zu Gewalt zwischen Tshisekedi- und Kabila-Anhängern gekommen sein. Oppositionsvertreter trafen sich am Abend nach Oppositionsangaben mit dem US-Diplomaten Bill Richardson, der zu Gesprächen nach Kinshasa gereist ist.