vonDominic Johnson 27.10.2011

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Wie macht man Wahlkampf in einem Land von der Größe Westeuropas, in dem es keine Straßen von einem Ende zum anderen gibt? Richtig: man bewegt sich per Flugzeug. Wie bewegt man sich per Flugzeug in einem Land, dessen größte Fluglinie kürzlich den Betrieb eingestellt hat und deren andere Fluglinien allesamt weder internationalen Standards entsprechen noch verläßlich fliegen? Diese Frage stellen sich die Politiker des Kongo kurz vor dem offiziellen Auftakt des Wahlkampfes am 28. Oktober.

Wenn es stimmt, was Vital Kamerhe, einer der beiden aussichtsreichsten Oppositionskandidaten zur Präsidentschaftswahl, am Mittwoch in Kinshasa gesagt hat, kommt es einer Bombe gleich. Alle verfügbaren Flugzeuge, behauptete er auf einer internationalen Veranstaltung im Hotel Memling, seien bereits von der Parteienallianz des Staatschefs Joseph Kabila gechartert worden. „Wie sollen wir uns bewegen?“ fragte er. Es war eine rhetorische Frage, auf der die versammelten Prominenten – zum Beispiel Roger Meece, Chef der UN-Mission im Kongo (Monusco) – keine Antwort hatten.

Kamerhe wunderte sich auch über die Wahlkommission CENI, die entschieden habe, ihrer Verpflichtung zur Veröffentlichung des Wahlregisters dadurch nachzukommen, daß sie es ins Internet stellt – ein Medium, zu dem nur eine verschwindend geringe Minderheit der Kongolesen Zugang hat.

Das Transportproblem stellt sich nicht nur für die Kandidaten, sondern auch für die Wahlmaterialien. Wann die ersten 90.000 Wahlurnen aus China eintreffen – eigentlich wurden sie am Sonntag erwartet – ist nach wie vor unklar. Gestern hieß es, die erste von 16 Flugladungen werde heute in Lubumbashi erwartet. Am Tag zuvor hatte es noch geheißen, alle Urnen würden direkt nach Kinshasa geflogen. Dann hieß es, in Kinshasa würden erst einmal die Wahlzettel landen, die in Südafrika gedruckt worden sind. Unabhängig davon stellt sich angesichts der fehlenden kongolesischen Infrastruktur die Frage nach den Transportkapazitäten innerhalb des Kongo, die auch auf UN-Seite diesmal bedeutend geringer sind als noch 2006. 186.000 Urnen und 64 Millionen Wahlzettel müssen auf 62.000 Wahllokale, deren Standorte noch nicht feststehen, verteilt werden, und zwar sehr bald.

Transportprobleme hat offenbar auch der andere wichtige Oppositionskandidat Etienne Tshisekedi von der UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), der noch immer nicht aus Südafrika kommend in Kisangani gelandet ist, wo er ursprünglich am 25. Oktober eintreffen sollte. Eine Erklärung dafür hat die UDPS bisher nicht vorgelegt. Schon streuen andere Parteien Gerüchte, der alte Tshisekedi sei krank geworden und müsse das Handtuch werfen.

Die heutige „Donnerstagsdemo“ der UDPS in Kinshasa für faire Wahlen und gegen Manipulation durch die Wahlkommission ist übrigens ebenfalls ausgefallen, weil niemand kam. Die Partei machte dafür Regen verantwortlich.

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