Die Nachricht ging etwas unter vor lauter Klamotten-Kritik und Milliarden-Krediten: die Obamas sind jetzt Bio-Gärtner. Auf 100 Quadratmetern legte Michelle mit schulgartenerfahrenen Kindern aus der Nachbarschaft vor dem Weissen Haus einen Gemüse-, Kräuter- und Obstgarten an, der Frisches für die Familie und ihre Gäste liefern soll. Wann also dürfen wir auf dem Dach des Kanzleramts oder im Schloss-Garten Bellevue die ersten Biomöhren ernten?
Den Vorschlag hatte den Obamas schon im Oktober der Gärtner und Erfolgsautor Michael Pollan („Lebensmittel“ und „die Botanik der Begierde“) in einem offenen Brief in der New York Times an den neuen „Farmer in Chief“ gemacht: der eigene Garten als Symbol für eine neue, lokale und gesunde Esskultur, für Respekt vor der Natur und ihren Früchten im post-fossilen Zeitalter.
Pollan forderte darin eine radikal neue Landwirtschaftspolitik, von der wir auch in Obama-Land für’s erste nur träumen können. Bei der Präsentation seines mit „fast food nation“ Regisseur Eric Schlosser im Juni erscheinenden Films, „Food Inc.“ auf der Berlinale füllte den Berliner Friedrichstadtpalast sagte er mir: „The hope lies in Michelle“. Obama selbst, der Pollan schon mal öffentlich zitiert, habe dagegen für’s Erste gefordert: „Show me the movement“.
Immerhin führt das Weisse Haus unter seinen Prioritäten für die Landwirtschaft die Förderung von Biolandbau, Herkunftsbezeichnungen, den Schutz von Familienbetrieben gegen die Agrarindustrie, die Kontrolle von Fleischfabriken und Mastanlagen und die Gewinnung junger Leute für die Landwirtschaft.
Michelle Obamas Biogarten vor dem Weissen Haus knüpft an noble amerikanische Traditionen an. Elenore Roosevelt legte 1942 dort einen Victory Garden an, wie hundert Tausende Amerikaner und auch Engländer, die während des Krieges innerhalb kürzester Zeit auf weitgehende Selbstversorgung mit frischem Gemüse und Obst umschalteten. Diesmal, so kommentiert eine Frauenzeitung in den USA, handle es sich möglicherweise eher um einen Krisen-Garten, mit dem das Volk auf harte Zeiten eingestimmt werden solle.
Die First Lady kocht die Aktion auf kleinerer Flamme: Die eigenen Töchter seien ein wenig zu fett geworden, wie der Hausarzt monierte. Der eigene Garten habe sich da als probates Mittel erwiesen, ihnen Obst und Gemüse statt Pizza näher zu bringen. Mittlerweile seien sie wieder auf Normalgewicht. „We’re just hoping that a lot of families look at us and say this is something that they can do and talk to their own kids about and think a little bit critically about the food choices that they make,“ meint ihre Mutter.
Die Auswahl der 52 Gemüse, Kräuter und Beeren besorgte der Koch, den die Obamas mit ins Weisse Haus gebracht haben. Sam Kass (Glatze links) gehört zur neuen Generation der gesund und lokal kochenden und überhaupt aufs Wohl von Mensch und Planet achtenden Loha-Köche. Besonders freut uns, dass er sich sogar schon mal der Wiederentdeckung der Suppe gewidmet hat.
Der kleine Garten zeigte für’s erste grosse Medienwirkung, lief auf CNN und ABC und rangiert kurz hinter dem „first dog“ . Mais will Michelle Obama übrigens nicht anbauen. Wegen der Gentechnik? Wir würden ihr natürlich allzu gerne unseren „Golden Bantam“ empfehlen. Aber dafür will sie Honig aus dem eigenen Bienenstock schleudern.
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Im deutschen Blätterwald stiess das Projekt, anders als die Mode und die Küsschen für Frau Bruni, bisher auf wenig Resonanz. Nur die Süddeutsche mokierte sich am Rande (Nun bestellt sie sogar ihr eigenes Gärtchen für diskursiv schmackhaft Gemachtes und spricht von Signalwirkung und „der Freude an der eigenen Arbeit.“)