Der Tag der Architektur 2010 steht unter dem Motto „Horizonte“.
Auftakt am Schwedenkai
Das letzte Wochenende im Juni ist für Architekturbegeisterte inzwischen ein fester Veranstaltungstermin. Zum Tag der Architektur öffnen die Architektenkammern aller Bundesländer am 26. und 27. Juni die Türen zu herausragenden Gebäuden und neu gestalteten Naturlandschaften. Das diesjährige Motto lautet „Horizonte“ – angelehnt an die Offenheit, Weite und Aufbruch symobolisiernde moderne Architektur.
Der bundesweite Auftakt zum Tag der Architektur fand am 25. Juni im neu erbauten Terminal am Kieler Schwedenkai statt. Das moderne Büro- und Terminalgebäude ist der Form eines Schiffes nachempfunden und soll so die Idee von Weite und Freiheit verkörpern. Neben dem Norwegen- und Ostseekai entsteht mit dem Schwedenkai die dritte kombinierte Terminalanlage, die sowohl Fähr- als auch Kreuzfahrtschiffe abfertigt. Auf den Büroetagen schaffen hohe Fensterelemente lichtdurchflutete Räume. Eine gläserne Doppelfassadenkonstruktion an den Längsseiten sorgt für eine natürliche Belüftung sowie Lärmschutz.
Neubau Büro- und Terminalgebäude am Schwedenkai in Kiel. Architekten: KSP Jürgen Engel Architekten GmbH, Berlin
Schwimmende Architektur
Von der schwimmenden Kirche bis hin zum Theaterschiff – dass in Hamburg Einrichtungen verschiedenster Art auf Wasserflächen Platz finden, ist nicht neu. Im Bezirk Hamburg-Nord wird jetzt das Pilotprojekt „Wohnen auf dem Wasser“ realisiert. Zunächst sind zehn Hausboote vorgesehen, die an zwei Standorten im Eilbekkanal, der zum Flusssystem der Elbe zählt, ihren Liegeplatz finden sollen.
Den Zuschlag für die Realisierung erhielt das Hamburger Büro Rost Niderehe Architekten. Ihre Idee war es, ein Hausboot zu entwerfen, das im Wesentlichen den Charakter eines Bootes und nicht den eines Hauses besitzt (siehe Bild). Mit Stahl und Holz wurden typische Materialien aus dem Schiffsbau verwendet. Das Hausboot besteht aus 100 Quadratmetern Wohnfläche und 80 Quadratmetern Terrasse.
Hausboot auf dem Eilbekkanal in Hamburg. Architekten: Rost Niderehe Architekten, Hamburg
Rostendes Museum
Gleich zu Beginn des Kulturhauptstadtjahres 2010 wurde im Ruhrgebiet ein Museumsbau fertiggestellt. Das „Haus der Essener Geschichte“ ist sowohl in einem Neubau, als auch in den Altbau-Räumen der denkmalgeschützten Luisenschule untergebracht. Der viergeschossige Neubau nimmt das Magazin des Stadtarchivs auf, dessen Regale zusammen eine Länge von 17 Kilometern ergeben. Mit Bezug zum postindustriellen Wandel wurden an der Fassade kontrolliert rostende Platten aus wetterfestem Baustahl angebracht.
Haus der Essener Geschichte. Architekten: Frank Ahlbrecht, AFS Ahlbrecht – Felix – Scheidt Generalplaner GmbH, Essen
Hoch hinaus
Das 2009 fertig gestellte Sky Office ist mit seinen 89 Metern das siebthöchste Gebäude der Stadt Düsseldorf. Auf 23 Etagen sind mehr als 30.000 Quadratmeter Bürofläche untergebracht. Mit dem Gebäude soll zum einen die Stadteinfahrt aus Norden kommend am Kennedydamm städtebaulich aufgewertet werden. Zum anderen sollte ein Bürogebäude mit flexibler Nutzungsstruktur entstehen. Freianlagen und Innenraumgestaltung der öffentlichen Bereiche waren integrativer Bestandteil der Entwurfsidee.
Sky Office in Düsseldorf. Architekten: Christoph Ingenhoven, ingenhoven architects, Düsseldorf
Viel Raum für Fantasie
Beim Umbau einer ehemaligen Grundschule zur Kindertagesstätte wurde versucht, der bestehenden Gebäudestruktur vielfältige neue Qualitäten zu verleihen. Transparenz und Flexibilität in der Raumaufteilung sowie eingestellte farbige Boxen sollen eine neue, freundliche Atmosphäre schaffen und die funktionale Trennung gewährleisten.
Die einzelnen Bereiche wurden gestaltet, um die Fantasie der Kinder anzuregen und ihren Forscherdrang zu fördern. Statt Gruppenräume gibt es offene Bereiche, in denen die Kleinen je nach Interesse und Neugier aus verschiedenen Angeboten wählen können.
Haus des Kindes in Golßen (Brandenburg). Architekten: Arbeitsgemeinschaft Prof. Bernd Huckriede, Jens Brinkmann, Doreen Ebert, Alejandro Tomás Roldán, Cottbus
Abschied mit freiem Blick
Im Herzen des westthüringischen Gumpelstädter Friedhofs ist eine neue Trauerhalle entstanden. Das helle Gebäude besteht aus Naturstein und einer Lärchenholzfassade. Die unbehandelten Materialen sollen dem natürlichen Alterungsprozess unterliegen und so an den Kreislauf des Lebens erinnern.
Die denkmalgeschützte Friedhofsmauer wurde integriert und bildet die äußere Wand eines überdachten Innenhofes mit einer Sitzbank für große Trauerfeiern. Der Innenraum bietet Platz für 80 Sitz- und 40 Stehplätze. Die großzügige Verwendung von Glas gibt den Blick frei auf den alten Baumbestand des Friedhofes und die weite Landschaft.
Neubau Trauerhalle in Moorgrund, Ortsteil Gumpelstadt (Thüringen). Architekten: Lehrmann & Partner GbR Architekten und Ingenieure, Schmerbach
Neues Leben am Fluss
Mit 55 Kilometern ist die Wiese der viertlängste Fluss im Schwarzwald. In Basel mündet er in den Rhein. Ende des 19. Jahrhunderts wurde aus dem wasserreichen Fluss durch Regulierungen ein monotones, artenarmes Gewässer. Im Stadtgebiet von Lörrach (Regierungsbezirk Freiburg) wurde der Fluss vollständig kanalisiert und verschwand somit nicht nur aus dem Stadtbild, sondern auch aus dem Bewusstsein der Menschen. Mit dem Projekt „Wiesionen“ soll das geändert werden. Auf einem rund 3,4 Kilometer langen Flussabschnitt entsteht ein neuer, attraktiver Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen.
Mit alternativen Wasserbaumethoden wird die Strömung im Fluss so gelenkt, dass sich vielfältige neue Lebensräume für Fische und andere Wasserlebewesen entwickeln können. Das Ufer soll so flach gestaltet werden, dass Amphibien bequem zwischen Land und Wasser wechseln können. Störsteine schaffen Strukturvielfalt im Flussbett. Bei Niedrigwasser dienen sie als natürliche Furt zwischen beiden Ufern. Für die Menschen entsteht so ein attraktives Naherholungsgebiet.
„Wiesionen“ – Renaturierung und Naherholung am Fluss in Lörrach (Baden-Württemberg). Architekten: Zickenheiner Architektur, Lörrach; Jakob Landschaftsplanung, Basel; Wöhrle Landschaftsarchitekten, Schiltach; Ing.-gruppe Flösser, Lörrach; Regierungspräsidium Freiburg, Bad Säckingen; Stadtbau Lörrach