vonLalon Sander 21.11.2017

Aus dem Onlinebunker

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Update: Die FDP erklärt den Vorgang damit, am Donnerstag drei Kacheln vorbereitet zu haben – was natürlich auch keine Verschwörung ergibt, sondern genauso unspektakulär ist wie der Vorgang in meiner Vorstellung.

Die FDP hat den Bruch der Sondierung von langer Hand vorbereitet, heißt es. Als Beweis (oder Indiz) wird eine Social-Media-Kachel (also so ein Ding, wo ein Satz auf farbigem Hintergrund steht) angeführt, die “viel zu schnell” Lindners Spruch vom lieber nicht Regieren der interessierten Öffentlichkeit präsentiert habe.

Nun ist es sicher keine Überraschung, dass Social-Media-Teams schnell reagieren und in Minuten solche simplen PR-Bildchen raushauen können. Ebenso darf man wohl als gesetzt annehmen, dass diese Teams nicht nur bei der FDP in der letzten Nacht auf Standby standen und auf weise Worte ihrer Vorsitzenden warteten.

“Aber halt!” ruft es da aus der Kulisse. Denn im Dateinamen des Bildes sei das Datum 16.11.2017 vermerkt (171116_Sondierung_FB_IG_800x800px9). Das belege doch, dass die FDP sogar noch ihre Social-Media-Strategie für den Abend des geplanten Verrats mindestens drei Tage vor dem Ereignis vorbereitet habe. Not quite. Oder besser: Not necessarily.

Denn am 16.11.2017 findet sich auf dem Google-Plus-Account der FDP eine ähnliche Kachel. Sie hat die selben Farben, die selbe Schrift, die selben Abmessungen, irgendeinen anderen blöden Spruch, aber: den selben Dateinamen.

Ich spekuliere jetzt mal. Sonntag Abend, kurz vor Mitternacht. Lindner verkündet mit vor Kühnheit zitternden Händen den Abbruch der Sondierungsgespräche. Das Social-Media-Team hat wenige Minuten Vorwarnzeit, wenn überhaupt. Da sitzt so ein Würstchen, Typ “wäre gerne Equity Manager, hat aber nur für FDP-Prakti gereicht”. Der kriegt den wichtigsten Satz reingereicht: “Das postest du jetzt mal fix!”, und er so, “Ah shit, wie ging nochmal die Kachel? Ach, ich nehm einfach die alte hier, zieh mir die und hau den neuen Text drüber.”.

Gesagt getan. Datei gezogen, Lindners neuen Quark draufgeschrieben, Datei wieder hochgeladen, und schwupps steht da ne Datei mit nem 3 Tage alten Dateinamen und alle Verschwörungstheoretiker haben so richtig was zum Aufgeilen. War natürlich nicht der Plan, aber so läufts halt.

Ich sag nicht, dass es so war, aber genau so wäre es mir passiert. Und so wird der Dateinamenicht ein Indiz dafür, wie lange das vorbereitet war, sondern wie hektisch und unvorbereitet das war. Voila. Womit ich wiederum nicht sagen will, dass Lindner unvorbereitet war. Aber dass der Social-Media-Prakti 3 Tage vor Angela Merkel und der versammelten Hauptstadtpresse wusste, was kommt, ist nicht nur eine bekloppte Idee, sondern einfach sehr unwahrscheinlich und durch einen Dateinamen nicht wirklich belegbar.

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https://blogs.taz.de/onlinebunker/verschwoerung-101-mit-der-fdp/

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