vonsaveourseeds 18.03.2009

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„Wir sind gaga“ titelt heute der Berliner Kurier zur Botschaft des Papstes an Afrika, dass Kondome das Aids-Problem nur noch schlimmer machten. Die Päpstliche Akademie der Wissenschaften hält eine andere frohe Botschaft bereit: Der rechte Weg zur nachhaltigen Landwirtschaft, so wird dort im Mai Eric Sachs von Monsanto hinter verschlossenen Türen erklären, ist die Gentechnik.

Sachs ist nur einer von 40 Wissenschaftlern, die sich zur päpstlichen Klausur über „gentechnische Pflanzen für Ernährungssicherheit im Kontext der Entwicklung“ zusammenfinden. Die Organisation und Leitung der Studientage in Rom hat der emeritierte Professor Ingo Potrykus übernommen. Er ist als Erfinder des „goldenen Reis“ berühmt geworden, eines Gentechnik-Konstruktes, das durch erhöhten Vitamin A Gehalt den mit Mangelernährung einhergehende Vitamin-A-Mangel bekämpfen soll. Dieses Lieblingskind der Gentechnik-Propaganda ist allerdings seit über 10 Jahren nicht über das Versuchs-Stadium hinausgekommen. Unlängst machte es durch Versuche an Kindern und Erwachsenen in China und den USA von sich reden, die wohl nicht ganz den Regeln des Umgangs mit nicht sicherheitsgeprüften Produkten entsprachen. Die Mehrheit des „humanitären Vorstands“ des Golden Rice Project wird sich nun in der päpstlichen Akademie ein Stelldichein geben: Adrian Dubock vom Saatgut- und Chemiemulti Syngenta etwa, der das Projekt finanziell zusammen mit der Rockefeller Stiftung betreibt, und Robert Zeigler, der Chef des Internationalen Reisforschungsinstituts IRRI, das in den Philippinen dem Gentechnik-Reis zum Durchbruch verhelfen will und natürlich Prof. Martin Quaim von der Uni Göttingen, einer der vehementesten Gentechnik-Streiter in Deutschland.

Insgesamt liest sich die Teilnehmerliste wie der Who-is-Who des globalen Netzwerks der aggressivsten Gentechnikfreunde aus aller Welt (Nur Klaus Amman fehlt aus unerfindlichen Gründen). Ihr Flaggschiff ist Herny I. Miller, vom neo-konservativen think-tank „Hoover Institution“, der in den 80iger Jahren mit Monsantos Hilfe die Gentechnik-Politik der US-Gesundheitsbehörde FDA prägte und heute publizistisch Gentechnik-Kritiker am Rande des Terrorismus verortet.

Prominentester Gast der Runde und ständiges Mitglied der Akademie ist Werner Arber, der 1978 den Nobelpreis für die Entdeckung der Restriktions-Enzyme bekam, die die Grundlage gentechnischer Veränderungen ist. Er hatte sich in der päpstlichen Akademie stets stark dafür gemacht, dem natürlichen Hang der Kirche zum Kreationismus zu entsagen und auf dem Boden der evolutionären Tatsachen zu bleiben. Wo die ironischen Berührungspunkte zwischen dem kreationistischen  „intelligent design“ Konzept, an das immerhin eine Mehrheit der Amerikaner im Darwin-Jahr 2009 wieder glaubt, und den Heilsversprechen der Gentechnik liegen wollen wir einem anderen Artikel vorbehalten.

Die einzige Frau in der Runde ist Nina Fedoroff, ihres Zeichens die von der Bush-Administration übernommene Technologie-Beraterin von Hillary Clinton, die kürzlich dem Spiegel anvertraute, dass die Hysterie europäischer Gentechnikgegner grossen Schaden anrichte. KritikerInnen sind zu dem Symposium nicht gebeten.

Ziel der Veranstaltung ist es, die bisher eher zögerliche Haltung des Heiligen Stuhls zur Frage der Gentechnik auf Vordermann zu bringen: Dass Gottes Schöpfung der Nachhilfe durch Monsanto (daher der Name? Nein, kein heiliger Berg, sondern die Frau des Firmengründers war die Namenspatin) bedarf mochte man bei allem Gallilei-Trauma im Vatikan bisher noch nicht recht glauben. „Vatikan bejubelt die Gentechnik“ titelt nun schon mal in wohl berechtigter Vorfreude das Wissenschaftsblatt „Nature Biotechnology(link leider nur für Abonnenten).

Der „friendly takeover“ vatikanischer Weisheit durch Monsanto, der nicht nur von der US Botschaft in Rom seit Jahren systematisch verfolgt wird, sondern auch von dem Mitglied der Akademie, Peter Raven, im Hauptberuf Leiter des von Monsanto finanzierten Botanischen Gartens von St.Louis, wird auch innerhalb der katholischen Kirche nicht ganz widerstandslos hingenommen. Hier der ausführliche Kommentar eines klugen irischen Mönches.

P.S.

Die päpstliche Akademie beruft sich übrigens auf eine 400 jährige Geschichte, indem sie eine Kontinuität zur „Accademia dei Lincei“, der Akademie der Luchse, konstruiert, deren berühmstestes Mitglied ein gewisser Gallileo Gallilei war.

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https://blogs.taz.de/paepstlicher_segen_fuer_die_gentechnik/

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