vonBlogwart 05.01.2010

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Foto: Bernd Hartung
Foto: Bernd Hartung
In Zukunft werden einzelne Inhalte auf taz.de Geld kosten, so taz-Chefin Ines Pohl. Ein Zeitplan steht noch nicht fest, auch nicht der Umfang der Bezahl-Angebote. Pohl sagte, sie sehe das Internet als eine publizistische Kraft und nicht nur als etwas, was die Einnahmequellen der taz mindert – “trotzdem ist das Netz natürlich kein Heilsbringer”. Zuletzt war der Axel-Springer-Verlag vorgeprescht: Wer etwa alle Texte aus der “Berliner Morgenpost” lesen möchte, muss 4,95 Euro pro Monat zahlen. Für Zeitungsabonnenten ist der Zugang dort allerdings frei. Bereits auf der taz-Genossenschaftsversammlung hatte sich abgezeichnet, dass Teile von taz.de kostenpflichtig werden könnten.

Politische Umfragen zeigen starke grüne und auch linke Mehrheiten bei Studenten. Ist da nicht noch viel Leserpotenzial für die taz?

Sicher, nur wir können es uns schlicht nicht leisten, diese Zielgruppe offensiver zu umwerben. Immerhin: nachdem wir für den ersten Workshop der taz-panter-Akademie rund 500 Bewerber hatten, wird es 2010 sechs Workshops geben.

Besonders in den USA machen derzeit Stiftungen und großzügige Wohltäter von sich reden, die unabhängigen, investigativen Journalismus finanzieren. Sucht die taz auch nach einem finanzkräftigen Stifter?

Ein einziger großer Stifter würde sicherlich unsere Unabhängigkeit bedrohen. Aber unsere panter-Stiftung freut sich natürlich zunächst einmal über jeden, der kritischen Qualitätsjournalismus fördern will.

Wie bewerten Sie die zunehmende Medienkonzentration, welche Ihr Kollege Franz Sommerfeld von DuMont Schauberg gerade in der Diskussionsrunde als unproblematisch bezeichnet hat?

Das ist ein riesiges Problem. Und wenn Herr Sommerfeld sagt, es sei egal für die journalistische Qualität, wenn Redaktionen zusammengelegt werden, kann ich nur sagen: Einspruch! Natürlich ist das ein Problem. Dazu kommen die Pläne der schwarz-gelben Koalition in Bezug auf das Kartellrecht. Die Pressevielfalt ist derzeit jeden Tag mehr in Gefahr.

Im tazshop gibt es unter anderem Fahrräder und „tazpresso“ zu kaufen. Wann folgt das erste ökologisch und ethisch korrekte tazphone, mit dem nicht nur jüngere Kundenschichten gelockt und die Umwelt geschont, sondern auf lange Sicht auch erhebliche Materialkosten eingespart werden könnten?

Sie meinen die direkte Zusammenarbeit mit einem Endgerätehersteller? Das ist eine interessante Anregung, über die wir noch gar nicht konkret nachgedacht haben – die muss ich mir merken.

Könnten Sie sich vorstellen, taz.de zu einer großen linken Internetplattform auszubauen und dort auch mit anderen linken und ökologischen Gruppen oder journalistischen Seiten wie bildblog.de zusammenzuarbeiten?

Wo taz draufsteht muss auch taz drin sein. Die Marke muss erkennbar sein. Zunächst einmal müssen wir uns mit dem taz.de-Relaunch beeilen. Auch Paid Content wird es auf taz.de in Zukunft ganz sicher geben, auch wenn ich noch keinen festen Termin dafür nennen kann. Generell sehe ich das Internet auch als eine publizistische Kraft, nicht nur als etwas, was uns die Einnahmen kaputtmacht. Trotzdem ist das Netz natürlich kein Heilsbringer.

Sind Sie auch als brandneue Chefredakteurin schon genervt von den üblichen Fragen und Klischees wie „Bei der taz arbeiten nur überzeugte Linke“ oder „Die taz zahlt Hungerlöhne“?

Wir wissen derzeit noch nicht, ob es 2010 mit einer kleinen Gehaltserhöhung klappt. Aber wenn ich den freien Kollegen Schimmeck höre, der gerade erzählte, er habe einmal für 200 Euro eine Woche gearbeitet, muss ich sagen: So schlecht bezahlen wir gar nicht. Die vergleichweise niedrigen Gehälter haben für uns als Kaderschmiede des deutschen Journalismus aber auch negative Auswirkungen: die Leute werden immer noch viel zu schnell weggekauft.

Zum zweiten Klischee: Die taz ist schon lange kein Revoluzzerblatt mehr und viel pluraler als man denkt. Dass sich hier einiges gewandelt hat, kann man zum Beispiel auch an unserer differenzierten Berichterstattung zum Afghanistaneinsatz sehen. Es soll angeblich auch taz-Kollegen geben, die CDU wählen, womit ich überhaupt kein Problem habe!

Beinahe 9000 Menschen sind mit einer Einlage von mindestens 500 Euro bereits taz-Genossen geworden und sichern somit die Finanzierung der Zeitung. Können Sie sich eine Ausweitung Ihres Genossenschaftsmodells auf andere Medien vorstellen? – derlei Modelle erfreuen sich schließlich auch aufgrund der Finanzkrise zunehmender Beliebtheit.

Ich denke unser Genossenschaftsmodell ist weiterhin nur für eine Nische geeignet – diese kann aber sicherlich größer sein als 9000 Genossen beziehungsweise 60.000 Abonnenten.

Das Interview erschien zuerst auf der Webseite der Journalistenakademie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Es wurde geführt am Rande des Mainzer Mediendisputs im November. Die Fragen stellte Wendelin Sandkühler, 22, seit Oktober Schüler an der Kölner Journalistenschule.

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