„Euer blöder Schwanzvergleich geht mir echt auf die Eier, habt ihr nichts Besseres zu tun ?“ – auf mails wie diese, die in den letzten Tagen öfter mal ankommen, antworten wir mit dem Hinweis, dass erstens heute wieder eine sehr gute, völlig schwanzfreie Ausgabe der taz erschienen ist – die taz-MitarbeiterInnen also nach wie vor nichts Besseres tun, als in der gewohnten Qualität eine Zeitung zu machen – und sich zweitens hinter dem Scheinriesen an der taz-Wand mehr verbirgt als nur ein lächerlicher Pimmel. Denn es geht um das Geschäftsmodell der Bild-Zeitung, aus der Persönlichkeitsrechtsverletzung anderer ihren wirtschaftlichen Vorteil zu ziehen, es geht um die Methode, Intimes und Privates vorzuführen und damit Kasse zu machen, es geht um einen Journalismus, der nicht der Aufklärung und der Erziehung zur Mündigkeit verpflichtet ist, sondern der Sensationslust und Verdummung. Für dieses zynische Geschäftsmodell, aus dem die christliche Unternehmerin und Bundeverdienstkreuzträgerin Friede Springer ihren Profit saugt, hat die taz ihre Hauswand als Pranger zur Verfügung gestellt.
Eine solche Anprangerung – und nicht der Hang zu pubertären Pimmelwitzen – war auch schon der Grund, warum die taz 2002 den satirischen Beitrag über die Penisverlängerung des Bild-Chefredakteurs Kai Diekmann ins Blatt nahm. Auch wenn das Gericht der taz damals verbot, den Artikel weiter zu verbreiten, war der Prozeß ein medienpolitischer Meilenstein, wurde doch das oben beschriebene Geschäftsmodell der Bild-Zeitung erstmals amtlich und gerichtsfest definiert. Nachdem nun Kai Diekmann im Zuge des Imagetransfers vom schmuddeligen „Sudel-Kai“ zum coolen Spaßguerillero den verbotenen Text in seinem Blog selbst veröffentlichte, hat die taz das Gericht aufgefordert, das für sie nach wie vor geltende Verbreitungsverbot aufzuheben. In dieser der Woche nun hat das Landgericht Berlin mitgeteilt, dass dies alsbald erfolgen wird. „Telepolis“ hat den medienpolitischen und presserechtlichen Streit heute dokumentiert: Penis-Nachmessen vor Gericht.