vonHildegard Willer 14.09.2011

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Nein, es ist kein Oxymoron, keine rhetorische Verschleifung zweier Gegensätze: Peru erlebt Flitterwochen.

Mit seinem neuen Präsidenten, mit seiner Fussballmannschaft und natürlich mit seiner Gastronomie. Etwas ungewohnt für ein Land, das sich so lange als Armenhaus und „failing state“, als Land der Extreme vorkam. Zuletzt als sich der Linksnationalist und ehemalige Putschist Ollanta Humala und die Diktatorentochter Keiko Fuijmori in der Stichwahl gegenüber standen. Humala gewann, unter grössten Bedenken sowohl aus Wirtschaftskreisen wie auch aus Kreisen derjenigen, die um die Demokratie in Peru fürchteten.  6 Wochen nach seinem Amtsantritt kann Ollanta Humala auf den Rückhalt von 70% der Bevölkerung zählen, wie eine jüngste landesweite Umfrage ergab. Das sind fast 20% mehr als die 52%, die vor drei Monaten für Humala gestimmt haben. Drei Gründe mögen den Ausschlag geben für diese hohe Beliebtheit:
Zum einen hat Humala mit der Ernennung eines marktfreundlichen Finanzministers die aufgeschreckten Wirtschaftskreise beruhigt. Nachdem Miguel Castilla im Finanzministerium und Julio Velarde als Direktor der Zentralbank ernannt wurden, stiegen die Wachstumsraten und der Konsum wieder heftig an. Zur gleichen Zeit als eine Ratingagentur die Bonität der USA herunterstuften, wurde die Bonität von fünf peruanischen Banken heraufgesetzt.
Daran hat – oh Wunder! – auch die Tatsache nichts geändert, dass Humala gleich zwei seiner Wahlversprechen umgesetzt hat, die im Vorfeld von Humalas Gegnern als Schreckgespenst einer kommunistischen Herrschaft an die Wand gemalt wurden: mit den Bergbauunternehmen hat die Regierung eine neue Sondersteuer vereinbart, die mindestens 800 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich in die Staatskassen bringen wird. Am 6. September hat Humala zudem ein Gesetz verkündet, das von Seiten der indigenen Bewegungen sehnsüchtig erwartet wurde. Die „Ley de Consulta Previa“ schreibt nun vor, dass der peruanische Staat vor jeder Massnahme, die in den Lebensraum indigener Völker eingreift, einen interkulturellen Dialogprozess in Gang setzen muss. Damit, so hoffen alle, werden die über 200 örtlichen sozialen Konflikte im Vorfeld und auf friedliche Art und Weise gelöst werden können!

Ollanta Humala verkündet das "Gesetz zur Konsultation" im Städtchen Bagua im Amazonasdepartament

Zu Humalas Beliebtheit mag auch sein Regierungsstil beitragen: Ollanta Humala zeigt sich wenig in den Medien, reist dafür öfter in die Provinzen und gibt das Bild eines, der weniger redet aber dafür etwas tut.

Nach dem grossprecherischen Vorgänger Alan García empfinden dies viele Peruaner als einen wohltuenden Regierungsstil.

Wenn man noch dazu nimmt, dass die peruanische Nationalmannschaft den dritten Platz bei der Lateinamerika-Meisterschaft im Fussball errungen und den Torschützenkönig gestellt hat, und dass sich momentan die besten Köche der Welt ein Stelldichein in Lima geben, um die grandiose peruanische Gastronomie zu feiern, dann fällt es nicht schwer, sich die momentane Hochstimmung in Peru vorzustellen.

Das Hochgefühl ist gewöhnungsbedürftig, ist Peru doch ein Land auch der geographischen Extreme, wo hinter dem erklommenen Gipfel gleich der steile Abgrund lauert. Die Analysten weisen denn auch darauf hin, dass die Flitterwochen von kurzer Dauer sein werden: die ersten lokalen Protestbewegungen bringen sich schon in Stellung, weil ihre Forderungen nicht zu 100% erfüllt werden. Die Rechte wartet nur auf den ersten Ausrutscher Humalas um neue Schreckgespenster heraufzubeschwören. Und Humalas schreckliche Verwandtschaft – ein wegen Aufstand mit Todesfolge einsitzender Bruder, ein faschistischer Vater, eine homophobe Mutter, ein russenfreundlicher Bruder, der Staatsgeschäfte mit privaten Geschäften verwechselt – ist eine wandelnde Zeitbombe. Nicht zu reden von der (noch) weit weit weg erscheinenden Weltwirtschaftskrise.
Die Flitterwochen mögen kurz sein – geniessen sollte man sie umso mehr.

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