In allen Ländern des Mittelmeerraums kursieren Geschichten, die Aufschluss über die Entwicklung ihrer Esskultur geben, denn nicht wenige Poeten nahmen sich gastronomischer Themen an, die den jeweiligen Stand in Küchendingen vermittelten. Waren dies im Spanien des 16./17. Jahrhundert etwa Lope de Vega oder Cervantes, so ist in heutiger Zeit vor allem der katalanische Schriftsteller und Gastronom Manuel Vázquez Montalbán (1939, Barcelona – 2003, Bangkok) zu nennen, der seine Leidenschaft für die spanische und besonders katalanische Küche nicht zuletzt in seinen Kriminalromanen durch die Figur des Privatdetektivs Pepe Carvalho zum Ausdruck brachte. In den „Elogis desmesurats“ (in etwa: Maßlose Loblieder, Empúries, 1997) schreibt er: „Wenn der Mittelmeerraum irgendwann als administrative, politische, kulturelle und gastronomische Einheit existierte, müsste, wenn es nach mir ginge, die Flagge violett sein und kein anderes Symbol tragen als eine glatte, glänzende, pralle Aubergine.“
Denn was kennzeichnet besser die Gastronomie rund ums Mittelmeer als die Aubergine. Die mediterrane Küche hat geradezu einen Hang zu Auberginen, und ebenso fühlen sich Auberginen zu Olivenöl, Knoblauch und Zwiebeln hingezogen. Als die neuen Gemüse aus Amerika – Paprika, Zucchini und speziell Tomaten – herüberkamen und heimisch wurden, entstanden eine Reihe eng verwandter Gerichte, die alle mit reichlich Olivenöl längere Zeit geschmort werden.
Nicht nur die Zusammenstellung der Zutaten variiert von Land zu Land und von Region zu Region, auch die Schnittart der Eierfrucht – mal sind es Scheiben wie beim mallorquinischen Tumbet oder aber Würfel wie für Pisto oder Ratatouille. Damit das Gemüse als komplettes Gericht dient, gibt man mancherorts auch Kartoffeln dazu. Und sogar grüne Bohnen oder Okraschoten.
Das katalanische Samfaina zum Beispiel kann quasi als Sauce wunderbar ein Kaninchen oder Hühnchen begleiten. In Ligurien kombiniert man das Gemüse mit Gnocchi, Pasta oder Fisch. In puncto Rezeptgenauigkeit gilt: Keine zwei Köche am Mittelmeer bereiten das gleiche Gericht auf dieselbe Weise zu.
Typische Varianten
Ratatouille (Provence)
Tomate, Knoblauch, Paprika, Zwiebel, Zucchini, Auberginen, Olivenöl, Salz, Thymian, Rosmarin, Basilikum und Oregano
Pisto (Kastilien)
Tomaten, Paprika, Zwiebel, Zucchini, Aubergine, Olivenöl, Salz
Samfaina (Katalonien)
Tomate, Zwiebel, Paprika, Aubergine, Zucchini, Knoblauch, Thymian, Olivenöl, Salz
Tumbet (Mallorca)
Kartoffeln, Aubergine, rote Paprika, Tomate, Knoblauch, Olivenöl, Salz und Petersilie
Alboronía (Andalusien)
Aubergine, Tomate, Paprika, Kürbis, Paprikapulver, Olivenöl, Salz
Turlu (Türkei)
Tomatenmark, Essig, Zucker, Zimt, Paprikapulver, Petersilie, Minze, Dill, Koriandersamen, Lorbeer, Salz und Pfeffer, Aubergine, Olivenöl, Zwiebel, Paprika, Knoblauch, Zucchini, Tomaten (auch grüne Bohnen oder Artischockenherzen)
Briam (Griechenland)
Aubergine, Zwiebel, Knoblauch, Kartoffeln, Zucchini, Paprika, Tomaten, Olivenöl, Okraschoten, Petersilie, Majoran oder Oregano
Caponata (Sizilien)
Aubergine, Tomate, entsteinte Oliven, Zwiebel, Sellerie, Kapern, Öl, Essig, Salz und Pfeffer
Pisto
Zutaten für 4 Pers.: 500 g reife Tomaten, 6 EL natives Olivenöl), 2 Knoblauchzehen, 1/2 große Zwiebel, geschält und in einen Zentimeter große Würfel geschnitten, 1 Zweig frischer Thymian, 1/2 kleine grüne und 1/2 kleine rote Paprikaschote, entkernt und in Würfel von einem Zentimeter geschnitten, 1/3 von einer mittelgroßen Zucchini und eine mittelgroße Aubergine, geschält und ebenfalls in Würfel von einem Zentimeter geschnitten, Salz, 3 Zweige frische Petersilie, gehackt
Tomaten halbieren, über einer großen Schüssel von der offenen Seite her reiben. Die Schale wegwerfen, das Tomatenfleisch durch ein Sieb drücken.
Olivenöl in einer Pfanne auf mittlerem Feuer erhitzen. Knoblauch in der Schale mit dem Messerrücken oder der Handfläche platt drücken und etwa zwei Minuten im Öl braten, bis er Farbe genommen hat.
Zwiebel und Thymian hinzufügen, ca. fünf Minuten anschwitzen, bis die Zwiebeln gar sind. Paprikaschoten dazugeben und etwa drei Minuten mit anschwitzen oder so lange, bis sie weich sind. In weiteren drei Minuten die Zucchini garen. Während das Gemüse gebraten wird, sollte das Öl leicht brutzeln. Zum Schluss die Aubergine zufügen und ebenfalls drei Minuten garen. Nun das Tomatenpüree dazutun, etwa fünf bis zehn Minuten mitbraten, bis es beginnt dunkel zu werden. Mit Salz abschmecken und beispielsweise mit einem gebratenen Ei und ein paar Scheiben Chorizo (Paprikawurst) servieren.
Tumbet
Für 4 Pers.: 2 mittelgroße Auberginen, 2 große rote Paprikaschoten, 4 mittelgroße Kartoffeln, 1/2 kg Tomaten, 6 Knoblauchzehen, 2 Lorbeerblätter, Olivenöl, Milch, Salz, Zucker
Auberginen in runde Scheiben schneiden, auf einem Teller, mit Salz bestreut und mit Milch bedeckt, ein bis zwei Stunden ruhen lassen. Paprikaschoten waschen, putzen, in Streifen schneiden. Tomaten überbrühen, häuten, entkernen und in Würfel schneiden. Mit zwei geschälten, halbierten Knoblauchzehen und den Lorbeerblättern so lange braten, bis die Sauce eindickt. Mit Salz und einer Prise Zucker abschmecken.
Kartoffeln schälen, in Scheiben schneiden und mit vier ungeschälten Knoblauchzehen in einer Pfanne mit Olivenöl braten. Wenn sie weich sind, salzen und in einem großen Sieb das Fett abtropfen lassen. In der gleichen Pfanne, aber getrennt, in jeweils sechs Minuten die abgewaschenen, abgetrockneten Auberginenscheiben und die Paprikastreifen braten.
Wenn sie braun und gar sind, die Gemüse auf eine Küchenrolle legen, damit das überschüssige Fett aufgesaugt wird. Zum Servieren auf einem Teller zuerst die Kartoffeln, dann Paprika und Aubergine aufhäufeln, mit Tomatensauce bedecken.
Caponata
Für 4 Pers.: 5 EL Olivenöl, 1 Aubergine, grob gewürfelt, 1 Zwiebel, geschält und gewürfelt, 2 Stangen Sellerie (gewürfelt), 1 rote Paprikaschote (geputzt und gewürfelt), Meersalz, schwarzer Pfeffer, 5 große Tomaten, 2 Knoblauchzehen (geschält und gehackt), 2 EL Zucker, 1 bis 1 1/2 EL Rotwein- oder Balsamessig, 100 g grüne Oliven (ohne Kerne, in Scheiben geschnitten), 50 g Kapern (abgespült und abgetropft), eine Handvoll Basilikum, 50 g geröstete Pinienkerne
Olivenöl in einem weiten, schweren Topf erhitzen, Aubergine, Zwiebel, Sellerie und Paprikaschote mit Salz und Pfeffer würzen und bei starker Hitze etwa fünf Minuten anbraten.
Tomaten etwa eine Minute in kochendes Wasser geben, mit kaltem Wasser abschrecken und die Haut abziehen. Halbieren, entkernen, in Stücke schneiden. Mit Knoblauch, Zucker, Essig, Oliven und den Kapern zum Gemüse zufügen.
Bei starker Hitze fünf bis acht Minuten köcheln, bis sie weich sind, ab und zu umrühren. Mit Salz und Pfeffer würzen und vielleicht etwas abkühlen lassen.
Basilikum und Pinienkerne darüberstreuen, mit geröstetem Bauernbrot servieren.
Gâteau von Aubergine
Für 4 bis 6 Pers.: 2 mittelgroße Auberginen, Olivenöl, Butter, 600 g Kirschtomaten (halbiert), 1 zerdrückte Knoblauchzehe, eine Handvoll Basilikum, Meersalz und Pfeffer, 75 g frisch geriebener Parmesan
Ofen auf 200 Grad vorheizen. Auberginen in dünne Scheiben schneiden und auf zwei großen, mit Öl bestrichenen Backblechen ausbreiten. Mit Olivenöl beträufeln und fünf bis acht Minuten backen, bis sie weich und leicht gebräunt sind. Eine runde Kuchenform von 20 Zentimeter Durchmesser mit Backpapier auslegen.
Butter in einem großen Stieltopf schmelzen und die Kirschtomaten mit dem Knoblauch köcheln, bis sie weich sind. Basilikum zufügen und mit Salz und Pfeffer würzen.
Ein Drittel der Auberginenscheiben in die vorbereitete Form geben, mit der Hälfte der Kirschtomaten belegen, dann mit Parmesan bestreuen. Eine zweite Lage Auberginenscheiben und darüber den Rest der Kirschtomaten anbringen. Eine letzte Lage Auberginenscheiben drauflegen und großzügig mit Parmesan bestreuen.
Den Gâteau für zehn Minuten backen, bis er goldfarben ist und blubbert. Fünf Minuten ruhen lassen, dann auf eine warme Platte geben. In Stücke schneiden und mit knusprigem Brot servieren.
Bon profit!