vonChristian Ihle 12.05.2009

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Eine schöne Idee präsentiert FSK-Mastermind, Autor und DJ Thomas Meinecke (halbwegs) regelmäßig im Berliner Theater „Hebbel Am Ufer“: gemeinsam mit einem Gast spricht er über mitgebrachte Schallplatten. Das Albumcover wird an die Wand projiziert und wahlweise über Inhalt des Stückes, Covergestaltung oder auch persönliche Verbindungen zu dem angespielten Lied gesprochen.

Zur Eröffnung des Abends erzählt Meinecke, dass er sein ganzes Leben schon gegen sein eigenes Nerdsein ankämpft und am Ende kann man nur konstatieren: den Kampf hat der Mann auf wunderbare Weise verloren. Was den Abend dabei so unterhaltsam macht, ist nicht allein die Auswahl an Obskuritäten oder sein enzyklopädisches Wissen, sondern viel mehr die Geschichtchen und Spontananalysen, in die er seine Plattenvorstellungen einpackt.

So lernt man an diesem Abend etwas über „Graue Hexenkraft“, „male fag hags“, Diederich Diederichsens musikalische Vergangenheit und versucht, die Schönheit von Field Recordings zu verstehen. Wunderbar auch, wie Meinecke (sehr zur Unbill von Duve) den Namen von Karen Duves Teenager-Freund errät, nur weil sie unvorsichtigerweise äußert, dass dieser damals ein Fanzine gemacht habe. Meinecke weiß bei Nennung des Fanzine-Titels sofort Vor- und Nachname, Bruder und Alter.

So stehen persönliche Anekdoten seines Umzugs von Hamburg nach München – bei dem die von ihm importierte Hamburger Herzlichkeit in Münchener Bars auf Unverständnis stieß („Na, alles klar ihr Idioten?“ oder „Was ist denn das für ein scheiß T-Shirt, Mann?“) – gleichberechtigt neben Analysen des Popsommers von 1982 (Marxismus und Funk gingen eine Ehe ein, die zu einer Feier des Hedonismus führte, oder so ähnlich).

Zwischen Platten von Flying Klassenfeind (mit einer Coverversion von Velvet Undergrounds „Venus In Furs“), den Nachdenklichen Wehrpflichtigen (Vertonung der Memoiren von Josef von Sternberg) und The Dass Sägebett (mit ihrem Smashhit „Ich, Lackiere und Fingernägel“) spielt Meinecke dann auch gerne Aufnahmen von einem Rudel Hunde oder „interspecies music“ mit „300 Turkeys and 12 Orca Whales“ – deren Schönheit sich allerdings dem Publikum nur zögerlich erschließt. Ein Haufen jaulender Hunde ist allerdings immer noch Duves Rausschmeißer Ougenweide vorzuziehen, der das Publikum mit mittelalterlichen Dudelsackklängen in die milde Berliner Nacht schickt.

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