vonDetlef Guertler 03.11.2011

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Huch, da ist aber jemand aufgebürstet:

“So bleibt am Ende nur der Appell an all jene, die sich zur Spitze der internationalen Ökonomenzunft zählen: Positioniert euch zum Thema “Grenzen des Wachstums”. Oder schweigt für immer.”

Wobei es diesem Aufgebürsteten, Bernward Janzing, nicht so sehr ums Positionieren geht (das wäre ja mit ein bisschen Meinungsäusserung schon getan), die Ökonomen sollen richtig arbeiten:

“Dass die Postwachstumsgesellschaft kommt, daran kann – zumal in der aktuellen Weltlage der inflationierenden Rettungspakete – niemand mehr ernsthaft zweifeln. Nur die Frage, auf welche Weise sie kommt, ist offen. Entweder kommt sie so, wie wir sie aktiv gestalten, also “by design”. Oder sie bricht über uns herein mit unübersehbaren wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen, also “by desaster”. … Was wir brauchen, ist eine intensive öffentliche Debatte darüber, wie unsere Wirtschaft zu strukturieren ist in einer Welt, die kein quantitatives Wachstum mehr zulässt.”

Diese Forderung an “jene, die sich zur Spitze der internationalen Ökonomenzunft zählen”, ist natürlich gleich vierfach falsch:

1. gibt es unter Deutschlands Makroökonomen (um die geht es hier ja wohl) niemand, der zur internationalen Spitze gezählt werden könnte,

2. ist derjenige, der sich selbst zur internationalen Spitze zählt, inzwischen zum gemeingefährlichen Irrläufer geworden (mehr kann ich hier nicht dazu sagen, da ich den Herrn, seinen Sprecher und sein Institut boykottiere),

3. war es schon immer ziemlich hoffnungslos, von den Profiteuren des bisherigen Systems die Überwindung eben jenes Systems zu erwarten. Paradigmenwechsel starten am Rand, nicht im Zentrum.

4. hat Janzing vor lauter Entrüstung über das Schweigen der Leithammel offensichtlich verabsäumt, den Rest der Herde nach schwarzen, oder besser gesagt: weissen Schafen abzusuchen, die sich mit dem Weg in die Postwachstumsgesellschaft beschäftigen.

Ich würde ihm in diesem Zusammenhang dringend und herzlich das gerade erschienene Buch “Age of Less” von David Bosshart empfehlen:* Jenseits von Miegel’schem Gejammer und martialischem Schrumpfismus zeigt es eine ganze Reihe Wege, wie wir politisch, ökonomisch und mental vom exponentiellen zum asymptotischen Denken und Handeln kommen können.

Und da im “Age of Less”, wie es sich für Trendforscher-Bücher gehört, auch ein paar Neuwörter stehen, werde ich diese hier in den kommenden Tagen zur Diskussion stellen. Damit sich Bernward Janzing wieder abbürsten kann.

*Disclaimer: David Bosshart ist CEO des Gottlieb-Duttweiler-Instituts in Rüschlikon bei Zürich, das auch die von mir chefredigierte Zeitschrift GDI Impuls herausgibt. Wenn mir sein Buch nicht gefallen würde, würde ich es trotzdem weder empfehlen wollen noch müssen. Es gefällt mir aber.

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