vonSigrid Deitelhoff 07.05.2007

Prinzenbad-Blog

Freibad-Wetter, gefühlte Wassertemperatur, Gespräche und Gedanken unter der Dusche – der Blog über Deutschlands berühmteste Badeanstalt.

Mehr über diesen Blog

K. war diesmal für die Ausrichtung des Kultur-Blind-Dates der Prinzenbadlerinnen und der Prinzenbadfans zuständig. Wir trafen uns um 10.00 Uhr zum Brunch in den “Sarrotti-Höfen“. Das Essen war durchschnittlich, dafür konnten sich Raucher das Geld für Zigaretten sparen, sie brauchten nur im Cafe tief einzuatmen.

Beim Frühstück blätterte K. ihr neu erworbenes Hauptstadtscheckheft nach dem Gutschein für das von ihr ausgesuchte Museum, das “Schwules Museum”, durch (sie frönte dabei ihrer “schwäbischen Art”). Plötzlich ertönte ein Aufschrei: “Das Schwule Museum hat sonntags nicht geöffnet”. Frau sollte aber besser lesen können, meinte E. und stellte fest, dass das Schwule Museum sonntags zwar geöffnet sei, aber eben erst ab 14.00 Uhr. Jetzt war es 11.30 Uhr und wir mußten noch 2 1/2 Stunden überbrücken.

Dies gelang uns aber dann doch ausgesprochen gut. Zum Teil mit dem Kraulen (nein nicht im Schwimmbad, sondern) einer kleinen, zweijährigen Dackel-Terrier-Mischung, die sich zum Schluss nicht von K. trennen wollte. Dann folgten wir der spontanen Einladung von S. zu einer Führung durch den Bergmannstrassenkiez. Dabei unterschieden sich zwei Gruppen: Die Rennerinnen und die Genießerisch-vor-sich-her-Schlenderinnen. Letztere verbrachten den Bummel in angeregter Unterhaltung über M’s Rückenprobleme. Die “Rennerinnen” kommentierten süffisant, frau merke daran, dass sie älter werde, wenn sie sich mit ihren Freundinnen über Krankheiten unterhalten und jede etwas dazu beitragen könne.

Pünktlich zur Öffnungzeit fanden wir uns im Schwulen Museum zur Ausstellung “Zarah zum Hundertsten” ein. Die Ausstellung bietet einen guten Überblick über das Leben und Wirken der Zarah Leander. Es sind zahlreiche Fotografien, Kostüme und sonstigen Materialien zu sehen. Eine Wand ist Künstlern von A wie Adorf, Mario bis Z wie Ziemann, Sonja und deren Einschätzungen/Zitaten zu Zarah Leander gewidmet. A. las uns Rosa von Praunheim’s Zitat vor:
“Ohne die Schwulen wäre sie im Alter nichts gewesen, und wenn Zarah sang: ‘Oi jai jai anderrs rrrum’ oder rief ‘He junger Mann, ich brauch’nen Ständer’, dann rasten die Tunten, und eine Berliner Zeitung schrieb gehässig: ‘Ihre Konzerte sind meistens am Montag, weil dann die Friseure frei haben'” (Rosa von Praunheim: Die Baßamsel singt nicht mehr, Spiegel, 29.06.1981).
A. machte uns auf die passende Erwiderung von Mario Adorf aufmerksam: “Aber Rosa! Was soll der rührende, aber auch vertrackt chauvinistische Alleinverwertungsanspruch auf Tante Zarah? Auch ein paar Millionen Macker liebten Zarah einst und trauern.” (Leserbrief im Spiegel vom 13.07.1981).

Interessant und aufschlussreich war auch der Film von Paul Seiler über Stationen ihrer Karriere. Insbesondere ihre autodidaktischen Gesangs- und Schauspielfähigkeiten, ihre für damalige Verhältnisse beachtliche Körpergrösse und ihr Anspruch, immer sich selbst treu zu bleiben, sind uns im Gedächnis haften geblieben.

Zarah Leander pflegte stets Freundschaften mit Homosexuellen, auch während der Nazizeit. Unter anderem mit ihrem Textdichter Bruno Balz, der neben weiteren berühmten Liedtexten für sie das Lied “Der Wind hat mir ein Lied erzählt” geschrieben hat. Ein Raum der Ausstellung ist ihm gewidmet. Besonders berührt hat uns dabei die Strafakte wegen Homosexualität, dies war sogar noch bis 1994 nach § 175 StGB strafbar.

Zum Schluss waren wir uns einig: Insgesamt eine sehenswerte Ausstellung!

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/prinzenbad/2007/05/07/blind-date-im-schwulen-museum/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert