vonSigrid Deitelhoff 20.05.2008

Prinzenbad-Blog

Freibad-Wetter, gefühlte Wassertemperatur, Gespräche und Gedanken unter der Dusche – der Blog über Deutschlands berühmteste Badeanstalt.

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Alle Schwimmsportfans unter uns kamen in diesem Frühjahr ausgiebig auf ihre Kosten.
Anfangs die EM in Eindhoven, dann die Kurzbahn-WM in Manchester und nun vor ein paar Tagen die Deutschen Schwimmmeisterschaften in Berlin.

Ich schaue mir eigentlich gerne Schwimmwettkämpfe im Fernsehen an, aber die TV-Kommentatoren haben mich dieses Mal doch sehr genervt. Dieser sexistische Sprachgebrauch der männlichen Berichterstatter finde ich unerträglich. Nicht selten wurden die Frauen-Wettkämpfe mit den Worten kommentiert wie z.B. „hoffentlich hält sie durch, sonst wird sie durchgereicht“ und ähnlich machohaftes mehr.
In Manchester gab es zum Glück neben dem männlichen noch eine weibliche Berichterstatterin, deren Kommentare sprachliche Qualität und Schwimm-Fachwissen aufwiesen. Interessant war es, als sie z.B. erklärte, wann eine Kippwende am schnellsten ist. Leider wurde sie immer wieder von ihrem männlichen Kollegen unterbrochen, der einfach nur die Schwimmzeiten von der Tafel ablas – hin und wieder auch noch falsch-abgelesenes mit einem Lacher korrigierte.
Ja, aber Hallo – interessiert es mich, ob der Kerl vielleicht eine Lesebrille braucht?! Können wir nicht selber lesen?!

Und der Deutsche Schwimmsport ist auch nicht mehr das, was er mal war. Ständig wurde über Schwimmanzüge statt über Schwimmzeiten oder Schwimmstile debattiert. Die Berichte über deutsche Qualifizierungen für die Olympischen Spiele in Peking standen nicht selten in einem textilen Zusammenhang. Schwimmmeisterschaften sind zu einem Wettrüsten der Schwimmzeughersteller geworden. Soll mich das Gerede vom „Leistungsschwimmer im falschen Anzug“ an Adornos „Es gibt kein richtiges Leben im Falschen“ erinnern? Na, toll!

Jetzt soll der Deutsche Schwimmverband dummerweise noch bis Ende 2009 Verträge mit Bleiwestenherstellern haben, die doch tatsächlich verlangen, daß unsere SpitzensportlerInnen in diesen schwimmen sollen. Wer würde da nicht absaufen – seien wir mal ehrlich, auch wir PrinzenbadlerInnen. Ich höre jetzt schon die zukünftigen Kommentare über Blei- und Peking-Enten. Auch beim Schwimmsport säuft die Qualität der männlichen Berichterstattung langsam ab.

Schwimmergebnisse der deutschen SchwimmerInnen bei der DM in Berlin:
http://www.schwimm-dm.de/dm2008/

Weitere Hintergrundinformationen:
„Sie ist so frei“, taz vom 22.4.08
„Es geht auch ohne“, taz vom 21.4.08
„Der Glaube ans Unmögliche“, taz-Berlin vom 21.4.08
„Das Ende der Badehose“, taz vom 19.4.08

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https://blogs.taz.de/prinzenbad/2008/05/20/von-schwimmwettkaempfen-und-bleiernen-kommentaren/

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