vonSigrid Deitelhoff 09.10.2023

Prinzenbad-Blog

Freibad-Wetter, gefühlte Wassertemperatur, Gespräche und Gedanken unter der Dusche – der Blog über Deutschlands berühmteste Badeanstalt.

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Das Sportbecken wird nicht mehr beheizt und hat inzwischen weit unter 20 Grad Wassertemperatur. Die EisbadlerInnen unter uns schreckt das nicht. Mich schon. Durch das  hintere Fußbecken, das wir nun durchschreiten müssen, gelangen wir zum Eisbecken. Der übliche Weg zu den Becken ist wegen der Sanierungsarbeiten gesperrt. Die Arbeiten, von denen aber bisher nichts zu sehen ist,  sollen unterirdisch zwischen dem Nichtschwimmer- und dem Terrassenbecken stattfinden. Warum der Weg jetzt schon gesperrt ist erschließt sich uns nicht…

Am besagten Fußbecken trennt sich dann die Spreu vom Weizen. Die Mutigen biegen links ab und stürzen sich in das Eiswasser.  Die anderen PrinzenbadlerInnen gehen weiter zur Kreuzberger Schwimmhalle und absolvieren ihr Training im 26 Grad warmen Wasser.

Stammschwimmerin F., mit der ich ein Stück gemeinsamen Weges gehe, ruft mir am Fußbecken zu, dass ich zur Spreu gehöre, grinst und biegt dann zum eiskalten Sportbecken ab. Ich rufe ihr hinterher, dass sie dann wohl zum Weizen gehöre.

Nach dem Training stehe ich im Duschbereich,  mit einer Hand ziehe ich mein Shampoo aus der Schwimmtasche und stopfe mein Handtuch in einen Plastikbeutel. Eine Frau mit Duschzeug in der Hand spricht mich an und fragt, ob ich einen Favoriten hätte. Ich bin irritiert und während ich noch überlege, ob sie damit das Eisbecken oder das warme Becken in der Halle meint, ergänzt sie die Frage. Ob ich eine bestimmte Dusche benutzen möchte, will sie wissen.  Ich verneine, bedanke mich aber für ihre nette Nachfrage.

Es gäbe Frauen, die bestünden auf  eine bestimmte Dusche, sagte sie. Sie wäre schon einmal so richtig „gedeckelt“ worden, erklärt sie mir. Den Ausdruck habe ich noch nie gehört, reime mir aber zusammen, was sie damit meinen könnte. Eine weitere Frau mischt sich in das Gespräch ein und bestätigt die Richtigkeit der Aussage ihrer Vorrednerin. Das mit den Lieblingsduschen würde sie aber trotzdem verstehen, denn immerhin hätten einige Duschen nicht genügend Wasserdruck oder wären ansonsten nicht in Ordnung. Obwohl wir im Frauenbereich mit den Duschen im Großen und Ganzen noch Glück hätten. Im Männerbereich seien schon seit Wochen drei der fünf Duschen defekt und könnten nicht genutzt werden. Ja, davon hatte mir ein Mitschwimmer auch schon mal berichtet.

Eine weitere Frau nimmt am Gespräch teil und erzählt, dass es mit festen Gewohnheiten so eine Sache sei. Einige Schwimmerinnen würden immer denselben Spind benutzen. Es sei sogar schon mal vorgekommen, dass sie vorne im Umkleidebereich eine der beiden Spinds besetzt hätte – da wo wirklich wenig Platz zum Umkleiden vorhanden ist. Eine dazu kommende Prinzenbadlerin hätte, obwohl alle anderen Spinde frei gewesen wären, darauf bestanden, den anderen Spind in der engen Ecke zu nehmen, weil sie den immer benutzen würde.

Die Frau, die mich nach meiner Favoriten-Dusche gefragt hatte, signalisiert jetzt bezüglich der Spindfrage Verständnis. Wer kein Zahlenschloss hat, müßte sich sonst immer wieder aufs Neue die Spindnummer merken, denn letztendlich sähen die Schlösser fast alle gleich aus. Das leuchtet mir ein.

Ich verlasse die Dusche mit der Erkenntnis, dass es im Prinzenbad nie langweilig, wird. Diskutiert wird immer, auch in der Nachsaison und sogar im Duschbereich.

Alle Fotos:©Fanny Cathrin Melle

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