Nach wem greift der Handschuh? Berlin ist eine Stadt der polyvalenten Intoleranz. Die Berliner finden außer ihrem Nachbarn von gegenüber irgendwie alle dämlich, was aber im Ergebnis von Toleranz kaum nicht mehr zu unterscheiden ist. Man findet Vegetarier genauso blöd wie Griller, Busfahrer so blöd wie Radfahrer, Schnösel so blöd wie Arme und Araber so blöd wie Schwaben. Das Klima in der Stadt ist insgesamt entspannt und gegenseitig desinteressiert.
Schwierig in einem Wahlkampf für Oppositionsparteien, wenn es nichts gibt, was das Volk erregt. Da versucht man eben verbrannte Autos zu zeigen oder nennt eben Berlin mal schnell die „Hauptstadt der Angst“. Und tatsächlich, der vermummte Mann mit dem Lederhandschuh sieht nicht gerade nett aus. Aber was will uns pro-deutschland mit ihm sagen? Pro Deutschland ist ja die Partei, die uns vorschlagen wollte: „Wählen gehen für Thilos Thesen“, was das Landgericht Berlin ihr aber nun untersagt hat. Doch ist der vermummte Mann mit dem Lederhandschuh denn der typische Islamist, vor dem uns Kandidaten wie die Ärztin Ludmila Pütsch, der Brauer Lars Seidenstücker und die Schaustellerin Samia Burchardt schützen wollen? Oder beschleicht den Betrachter des Plakates nicht vielmehr das ungute Gefühl, dass es solche vermummten Mannen wären, die zur „Stärkung des Preußentums“ und zum Schutz vor der „Scharia“ von diesen Salonreaktionären losgeschickt würden, um mit den Lederhandschuhen mal ein paar „kulturelle Werte durchzusetzen“?