Von Julian Kasten
Zur Begrüßung gab es Prosecco. Die GastgeberInnen wünschten viel Freude bei der Revolution. Ach Nein, wir haben ja nur darüber geredet. Naja, eigentlich nur zugehört. Aber wen stört das schon. Daran kann man ja trotzdem Freude verspüren. Die meisten Teilnehmer sind selber Journalisten oder verkopfte Intelektuelle, die sich leicht links einordnen und neidisch nach Nordarfika schauen, weil dort echte Revolutionen statt finden. Sehr, sehr gerne hätten wir dort mitgetwittert und gebloggt. Die hatten aber etwas handfestes zum Auflehnen. Wir haben kein solches Regime und keine Diktatoren, denen wir den offenen Kampf ansagen könnten. Seien wir froh darüber. Wir haben hier viel abstraktere Probleme, und keinen klaren Gegner. Das wäre aber ein anderes Thema.
Auch hatten wir hier kaum unterschiedliche Meinungen. Irgendwie waren wir hier unter uns. Die Themen waren zwar extrem spannend, aber die, die sich hier damit beschäftigt haben, waren zum größten Teil solche, denen man nicht mehr viel erklären muss. Das ist das typische Dilemma der aufklärerischen Publizistik. Wenn sich alle nur in ihrer Meinung bestätigen, ist das Wort Diskussion ein Witz.
So wurde freundlich mit einander gesprochen, die Experten beklatscht und ich persönlich bedanke mich bei der taz für die Zeit, die wir hier verbringen konnten. Es ist gut, dass Menschen so etwas wie diesen Kongress auf die Beine stellen. Noch besser wäre, wenn noch mehr Menschen davon mitbekommen würden. Doch an zu Vielen geht zu viel vorbei.
In einer Erkenntnis wurden wohl viele Besucher phänomenal bestätigt: Die digitale Revolution erfordert bei den Menschen mehr Kompetenzen, um zu selektieren, zu verstehen, um sich zu engagieren. Während wir demokratische Phantasien wälzen, laufen Jugendliche mit lauter Handymusik durch die Straßen; täglich entstehen hunderte neuer Katzenblogs und Pornoseiten, während eine ganze Generation an den Bildschirmen Zombies und Aliens metzeln. Das ist die alltägliche mediale Revolution bei uns: Trivialitäten und Nichtigkeiten. Die durchaus Spaß machen können. Wir sind Hedonisten. Stehen wir dazu. Aber genau deswegen wird Medienkompetenz ein wichtiger Schlüssel in die Zukunft; Damit auch eine breite Gesellschaft über den Tellerrand des Hedonismus blicken kann. Es wird Zeit, dass dieser eindeutigen Richtungsweisung politische und pädagogische Handlungen folgen.
Zum Abschluss trinke ich eine solide Hopfenschorle, keinen Prosecco. Prost! Das bleibt natürlich unter uns.