vonEva C. Schweitzer 22.12.2010

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Wahnsinn! Wahnsinn! Wahnsinn! Nun sitze ich in meiner warmen Küche und gucke auf dem etwas überdimensionierten Bildschim die Hölle von Heathrow: Menschenmassen zwischen Alufolien, die um Essen betteln, brüllende Kinder, verschneite Rollbahnen, teetrinkende Manager, schnaubende Schotten. Da war ich noch selber vor ein paar Tagen! Gut, als ich da war, gabs noch Essen, Hotelbetten und ich wurde am nächsten Tag ausgeflogen, aber ich könnte dort jetzt sitzen, wenn ich meinen Flug für einen Tag später gebucht hätte. Oder zwei.

Ich selber habe es allerdings nach Hamburg geschafft, und dann weiter  mit dem Zug nach Berlin, der bloß drei Stunden Verspätung hatte, was verschiedene Fragen aufwirft. Wenn Züge alle Verspätung haben, warum macht die Bahn nicht einfach eine Ansage, wenn irgendein Zug in die fragliche Richtung in den Bahnhof eintrudelt, statt die Reisenden auf ihre nunmehr verspäteten Züge zu verweisen? Und: Wenn dann zum Ausgleich ein Freigetränk verteilt wird, warum ist Milchkaffee davon ausgenommen? Und schließlich: Was hat in Berlin mehr Verspätung, die S-Bahn oder die Straßenbahn?

Wo wir gerade bei Leuten sind, die gegen ihren Willen in England festsitzen: Ich habe mir inzwischen die “Vergewaltigungsprotokolle” von Julian Assange angeguckt, Junge, Junge, das sind wirklich zwei dumme Hühner. Die interessantere Frage ist aber, was machen die USA jetzt? Die würden den Kerl gerne drankriegen wegen Spionage, Verschwörung und so fort, rechtlich ist das kein ganz so großes Problem, die können ihn einfach in Gitmo einsperren, wenn sie ihn kriegen. Wobei, man fragt sich, warum können die USA dann nicht auch gegen Nazi-Kriegsverbrecher in den eigenen Reihen vorgehen, aber das nur am Rande.

Das Problem ist aber das eigentliche Kriegen. Natürlich könnten die USA einen Auslieferungsantrag an England oder Schweden stellen, aber wenn dem stattgegeben würde, stünden die Politiker dort als Pudel Amerikas da. Oder sie könnten ihn entführen lassen, das dürfte das Verhältnis auch nicht gerade verbessern. Inzwischen hat ein Fox News Kommentator vorgeschlagen, Assange einfach zu erschießen. Und ich dachte immer, das dürfen die nur bei braunhäutigen Menschen.

Eva C. Schweitzer, Manhattan  Moments. Geschichten aus New York, erschienen bei Droemer-Knaur, Juni 2009, Taschenbuch, 9,95 €

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