vonChristian Ihle 03.02.2010

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Am heutigen Mittwochabend startet im Ramones-Museum zu Berlin eine Punkfilmreihe. Jeden ersten Mittwoch im Monat wird ein Punkfilm aufgeführt werden und freundlicherweise sagt das Ramones-Museum dafür nicht einmal „hastemanemark?“ sondern gibt den Eintritt frei.

Kuratiert wird die allmonatliche Punkreihe von Jörn Morisse. Da gleich drei Popblog-Reizworte hier fallen (Punk! Film! Kostenlos!), lag natürlich nahe, dass wir uns mit dem Kurator über Inhalt und Intention unterhalten:

Jörn, Du hast Aaron Cometbus Punknovelle „Double Duce“ auf deutsch übersetzt, gemeinsam mit Rasmus Engler von Bierbeben und Herrenmagazin das Buch „Wovon lebst du eigentlich?“ geschrieben und kuratierst nun die Punkfilmreihe im Ramones-Museum – wie kam es denn zu letzterem?

Jörn Morisse: Im Rahmen der ganzen „American Hardcore“-Diskussion vor ein paar Jahren ist mir aufgefallen, wie in der filmischen Rückschau eine Szene gerne als Einheit und zwangsläufiges musikhistorisches Ereignis inszeniert wird, ein Kanon gebildet wird, ohne Haltung zu vermitteln oder große Irritationen aufkommen zu lassen. Höchstens über das, was nicht gezeigt wird. Im Unterschied zu Dokumentarfilmen wie „The Decline of Western Civilization“ oder „Another State of Mind“ aus den Achtzigern, wo die Kraft aus der unmittelbaren Zeitgenossenschaft kommt, weil sich die Filmemacher und die Protagonisten vor der Kamera angreifbar machen.

Auch so ein Film wie „Jubilee“ von Derek Jarman von 1978 ist ziemlich aufschlussreich, weil man hier eine neue kulturelle Strömung im Entstehen beobachten kann, mit speziellen ästhetischen Codes, die im Laufe der Jahrzehnte, von Generation zu Generation immer wieder neu interpretiert worden und auch gerne mal als Klischees geendet sind.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=JFJnRGGIzcE[/youtube]
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Ich möchte in der Punkfilmreihe einfach zeigen, wie unterschiedlich eine Subkultur im Filmischen dargestellt wird und im besten Fall Bezüge zu heute herstellen, nicht nur musikalisch.

Du startest an diesem Mittwoch der Location gemäß mit einem Ramones-Film, der Dokumentation „End Of The Century“. Warum hast du dich für den und nicht den Ramones-Spielfilm „RocknRoll Highschool“ entschieden?

Jörn Morisse: Rock’n’Roll Highschool“ lief vor kurzem schon mal im Ramones Museum. Deswegen haben wir uns darauf geeinigt, mit „End of the Century“ zu starten. Ein Ramones-Film am Anfang schien mir schlüssig, weil ja auch gerne erzählt wird, wie beim ersten Londoner Ramones-Auftritt 1976 spätere Mitglieder der Clash, der Sex Pistols, der Damned im Publikum standen (um dann später die Punk-Idee wieder in die USA zu reimportieren). Außerdem ist Flo Hayler, Betreiber des Ramones Museum, natürlich, wie immer, wenn es um die Ramones geht, schwer begeistert und wird sicherlich kompetent ins Werk einführen.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=DNTRdcYOfN8[/youtube]
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Werden die Filme auch in ein Rahmenprogramm eingebettet?

Jörn Morisse: „Experten“ werden kurz über den jeweiligen Film referieren und auf das Werk einstimmen. Am Mittwoch, den 03. März, freue ich mich beispielsweise schon darauf, Mitglieder der Neunziger-Jahre-Hardcoresupergruppe Hammerhaed zu begrüßen, die dann auch Fragen zu ihrer Bandhistory „Sterbt Alle!“ beantworten werden. Und wie es zum weißen Album von Hammerhead kam: http://blogs.myspace.com/index.cfm?fuseaction=blog.view&friendId=30762809&blogId=411793692

Welche Filme hast du für die nächsten Monate auf der Liste? Tendenziell eher Dokumentationen oder Spielfilme?

Jörn Morisse: Neben „Afro-Punk“ (2003), „1991: The Year Punk Broke“ von 1992 und Jem Cohens „Instrument“ (1998) gibt es lang verschüttete Perlen wie „The Decline of the Western Civilization“ (1981) oder „Another State of Mind“ (1984) aber auch Experimentelles wie Derek Jarmans „Jubilee“ oder Klassiker wie Wolfgang Bülds „Punk in London“ von 1979 zu entdecken. Außerdem vielleicht im Programm: We Jam Econo – The Story of the Minutemen (2005), Flüstern und Schreien (1988), American Hardcore (2006), Suburbia (1984), Punk Attitude (2005).

Hast Du einen persönlichen Punklieblingsfilm?

Jörn Morisse: Das Genre lässt sich ja wirklich schwer eingrenzen. Ist „Thrash Altenessen“ von Thomas Schadt von 1989 ein Punkfilm? Vielleicht nicht genuin. Aber wie meinte Mille von Kreator so schön: „Gegen Plastikmenschen, die sich den ganzen Tag nur Plastikmusik reinziehen, gegen die Leute, die versuchen, Bands auszunehmen, die versuchen, Bands platt zu machen, gegen Bands, die vorher in den Schminktopf fallen müssen, bevor sie auf die Bühne gehen, gegen Bands, die alles für Geld tun und für Geld ihre Seele verkaufen. We say fuck that!“

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=_RhxysJohvs[/youtube]
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Jem Cohens „Instrument“ finde ich insofern spannend, weil diese Fugazi-Doku auch gerne mal als deprimierender Kunstdreck abgehandelt wird, den jeder Student mit seiner Handykamera hätte drehen können. Ich allerdings mag dabei sowohl die Energie der Konzerte als auch die verwackelten Aufnahmen aus dem Tourbus, wie sich der Film dem narrativen Korsett von Aufstieg und Fall einer ordentlichen Banddoku souverän verweigert.

„Like it was yesterday“
Punkfilme im Ramones Museum, kuratiert von Jörn Morisse

Jeden ersten Mittwoch im Monat
Eintritt frei

Ramones Museum Berlin
Krausnickstr. 23
10115 Berlin
Tel.: 030 755 288 90

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https://blogs.taz.de/punkfilmreihe_im_ramones-museum_we_say_fuck_that/

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