Eine mysteriöse Schießerei in der Nähe der Präsidentenresidenz in Kinshasa hat Spekulationen über einen Putschversuch genährt. Diversen Quellen zufolge kam es am frühen Nachmittag des Sonntag 27. Februar zu Schüssen an einer Zufahrt zum Präsdialquartier in dem normalerweise abgeriegelten Teil des Stadtviertels Gombe hinter dem Grand Hotel von Kinshasa. Wie Kongos Informationsminister Lambert Mende einige Stunden später im Staatsfernsehen erklärte: „Eine Gruppe schwerbewaffneter Menschen griff den Präsidentenpalast an. Sie wurden an der ersten Straßensperre aufgehalten. Unsere Soldaten kämpften mit ihnen, verhafteten manche und sechs Menschen wurden getötet“. Dann hätten die Kämpfer die Flucht ergriffen. Der Vorfall habe „15 bis 20 Minuten“ gedauert, präzisierte Mende später gegenüber dem UN-Rundfunksender Radio Okapi.
Mende nannte den Vorfall erst einen Putschversuch, dann einen Terrorakt. Augenzeugen sagten gegenüber Journalisten, die Schüsse hätten rund eine Stunde gedauert und es seien am Ende die Leichen von sieben Angreifern und zwei Präsidialgardisten auf der Straße liegend gesehen worden. In einem Bericht hieß es, die Angreifer hätten Macheten gehabt.
Der kongolesische Journalist Freddy Mulongo, der der Opposition in Kinshasa nahesteht, sprach von „Soldaten in Zivil“ mit grünen Stirnbändern, die den Tod eines Oberst hätten rächen wollen. Am vergangenen Freitag war in Kinshasa ein Polizeioberst zu Grabe getragen worden; bei der Beerdigung schossen Polizisten in die Luft, aber offenbar gezielt daneben, denn ein Geheimdienstoffizier wurde bei den Trauerschüssen getötet, was zu diversen Spekulationen Anlaß gab.
Die Schüsse blieben nicht auf das Umfeld der Präsidentenresidenz begrenzt. Es wurden auch Kämpfe aus dem Militärlager Kokolo weiter südlich in der Stadt gemeldet. Die Angreifer sollen sich dorthin zurückgezogen haben, hieß es. Im Laufe des Tages rückte die Präsidialgarde mit Panzern in die Straßen von Gombe aus.
Ob es sich wirklich um einen Putschversuch handelte, wird heftig unter Kongolesen debattiert. Viele glauben, der Angriff sei eine Inszenierung der Staatsmacht, um später Repression gegen die erstarkende zivile Opposition zu rechtfertigen. Andererseits sind Spannungen innerhalb des Sicherheitsapparates durchaus real, vor allem zwischen Kabila und seinem suspendierten Polizeichef John Numbi. Dessen Untergebene stehen derzeit am Pranger, weil sie im laufenden Verfahren um die Ermordung des Menschenrechtlers Floribert Chebeya immer stärker belastet werden. Mutmaßungen, ein Vertrauter Kabilas sei bei der heutigen Schießerei getötet worden, der Präsident selbst verletzt ausgeflogen und das Kabinett auf der Flucht nach Katanga, gehören hingegen mit ziemlicher Sicherheit in den Bereich des Wunschdenkens gewisser Oppositionskreise.