vonanna lehmann 29.03.2010

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Wenn ich drei Euro aus der linken Hosentasche ziehe, vorzeige, sie dann in die rechte stecke und wieder hervorziehe, wieviel Geld habe ich insgesamt? Fragen wir die GWK.

Wenn Bund und Länder sich treffen, um sich doch einmal über Hochschulpolitik abzusprechen, dann in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (abgekürzt GeWeKa). Im März fand wieder einmal ein solches Treffen statt, die anschließende Presskonferenz verlief bizarr.

Da verkündeten die GWK-Vorsitzende Annette Schavan (gleichzeitig Bundesbildungsministerin) und ihr Stellvertreter Jürgen Zöllner (auch Bildungssenator in Berlin), dass die Hochschulen 800 Millionen Euro erhalten würden, um zusätzliche Studierende aufzunehmen. Toll. Fast eine Milliarde Euro für die Studis. Ja das Geld werde zusätzlich investiert, versicherten beide unisono. Aber keine Schlagzeile, keine Pressemitteilung feierte den Coup. Merkwürdig, sonst ist jeder Lichtblick im Bildungsdschungel eine Jubelmeldung wert.

Nun ja, eine Nachfrage bei SPD-Experten ergab folgendes: 800 Millionen Euro werden Bund und Länder tatsächlich ausgeben, um ab dem nächsten Jahr zusätzliche Studienplätze zu schaffen. Das ist aber kein Überaschungsgeschenk.

Denn schon in diesem Jahr  werden bis zu 160.000 Studienplätze zusätzlich zu den jetzt finanzierten 2 Millionen gebraucht, wegen eines Kindersegens in den frühen 90ern und der doppelten Abiturjahrgänge, die infolge der Umstellung von 9 auf 8 Jahren Gymnasialzeit, zugleich an die Hochschulen wollen. Das wussten Bund und Länder schon vor drei Jahren, haben aber, weil das so teuer werden würde, erstmal mit höchsten 90.000 zusätzlichen Neuanfängern gerechnet von 2007 bis zu diesem Jahr. Um die Plätze zu finanzieren, haben sie einen Hochschulpakt geschlossen. Pakt klingt gut, nach Blut und Schwur und Unverbrücklichkeit. Weil die Politiker aber wussten, dass sie zu knapp kalkulieren, haben sie gesagt: für mehr Studienanfänger, gibt es später mehr Geld.

Nun hat sie die Wirklichkeit eingeholt, bereits bis zum letzten Jahr haben über 100.000 junge Leute zusätzlichen Platzbedarf an den Unis angemeldet. Also wollen Bund und Länder  Geld aus dem Topf stibitzen, der eigentlich für die zweite Phase des Paktes gedacht war,  nämlich von 2011 bis 2015. Dann werden nach Schätzungen der Kultusminister noch einmal 275.000 Plätze gebraucht. In dem Topf sind aber maximal 3,3 Milliarden Euro drin, und wenn die alle sind, dann gibt es kein Zusatzgeld mehr.

Es kann also sein, dass die Studierenden ab 2013 um Plätze losen müssen. In der großen Studienplatzlotterie der GWK. Denn auch die kann aus drei Milliarden Euro nicht sechs machen. Drei bleibt drei – egal ob linke oder rechte Hosentasche.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/raetsel_millionen_euro_tauchen_auf_-_und_verschwinden_wieder/

aktuell auf taz.de

kommentare