von 03.12.2010

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Mit gepackten Koffern am Straßenrand: Warten auf den Mitfahrer kann dauern (Foto: Corinna Klingler)

Mit meinen 21 Jahren bin ich in meinen besten, aber wahrscheinlich auch in meinen ärmsten Jahren: seit über einem Jahr studiere ich nun drei Stunden Fahrt von zuhause entfernt. Familie und Freunde in der alten Heimat sehe ich deshalb wenig und langsam steht der nächste Besuch an. Ein eigenes Auto habe ich nicht. Wie komme ich also diesmal nach Hause? Ansprüche habe ich auch noch: es soll schnell gehen, ökologisch sein und dabei natürlich möglichst wenig kosten…

Die ersten Male bin ich mit der Bahn gefahren. Das ist zwar relativ stressfrei, doch auf die Dauer doch ein wenig zu teuer für mein Studentenbudget: für eine einfache Fahrt von Frankfurt nach Basel bezahle ich zwischen 60 und 70 Euro und für die Rückfahrt nochmal dasselbe. Einen Sparpreis für meine Strecke zu bekommen, ist fast unmöglich und Verspätungen sind auch nicht ausgeschlossen – Alternativen müssen her.

Auf der Suche nach möglichst effizienten Reisemöglichkeiten bin ich schon über so einiges gestolpert. Vor kurzem bin ich für sage und schreibe 20 Euro in die Heimat per Auto mitgenommen worden. Kurzfristig fand ich eine Frau, die im Internet auf Mitfahrgelegenheit.de nach Mitfahrern suchte – dort habe ich spontan angerufen, alles abgesprochen, Koffer gepackt. Sogar der CO2-Verbrauch der zurückgelegten Strecke wurde angezeigt. Wie verabredet stand ich dann abends am Frankfurter Hauptbahnhof, doch wer nicht kam, war die Fahrerin. Da ich keine Option hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als auf die Verschollene zu warten. Die kam letzten Endes mit großer Verspätung – der Berufsverkehr sei schuld gewesen. Auf halber Strecke kamen wir auch noch in einen Stau. Bin ich zeitlich flexibel, macht mir das nichts aus. Rein ökologisch betrachtet hätte die Frau auch ohne mich im Stau gestanden. Und beim derzeitigen Schneechaos möchte ich nicht unbedingt in einem möglicherweise sommerbereiften Auto mitgenommen werden, mit drei weiteren Mitfahrern zusammengequetscht auf der Rückbank verweilen oder sogar stehen gelassen werden – Preis hin oder her. Wie verbinde ich also bestmöglich Bahnkomfort und -sicherheit mit Preisersparnis?

Eine gute Idee ist die Seite Ticket-Mitfahrer.de, die es ermöglicht, bei anderen Bahnfahrern und ihrem Gruppenticket mitzufahren. Angeboten werden beispielsweise Schönes-Wochenende-Tickets und Länder-Tickets der Deutschen Bahn, bei denen noch Plätze frei sind. Während ich suche, gehe ich in Gedanken schon einmal das Kofferpacken durch und betrachte euphorisch die Fahrtlängen der angebotenen Strecken. Und da vergeht mir auch schon die Lust am Sparen: sieben Stunden Fahrt bei mindestens fünf Mal umsteigen? Das sollte ich noch einmal überdenken. Glücklicherweise bieten manche sogar ICE-Mitfahrten an. Diese sind wesentlich günstiger als beim Direktkauf bei der Bahn. Doch beim Versuch, eine passende Verbindung für mich zu finden, scheitere ich kläglich: „Leider wurde keine Mitfahrt gefunden.“ Das Angebot ist allgemein ziemlich dürftig: sogar auf beliebten und stark frequentierten Strecken wie zum Beispiel Frankfurt-Köln finde ich rein gar nichts. Die Website scheint auch nach bereits zehnjährigem Bestehen noch relativ unausgereift zu sein und bedarf einer größeren Community. In keinem einzigen Inserat war ein Name angegeben, höchstens eine Handynummer oder E-Mailadresse. Insgesamt scheint mir die Idee des Bahn-Mitfahrens nur für relativ kurze Strecken innerhalb eines Bundeslandes sinn- und reizvoll zu sein, denn für diese gibt es wesentlich mehr Angebote.

Wie ich aber nun selbst nach Hause komme, ist nach wie vor fraglich. So nachhaltig wie meine Reise, muss wohl auch meine Planung sein: Spontan geht es eben nicht immer, also sollte man sich frühzeitig überlegen, wann man verreisen kann und wie viel man ausgeben möchte. Wie fahre ich am liebsten? Wie viel Zeit habe ich? Worauf lege ich besonderen Wert? Bei Angeboten wie Ticket-Mitfahrer.de ist es reine Glückssache, etwas Passendes zu finden. Und wenn es doch kurzfristig sein muss, darf ich mich über hohe Preise nicht beklagen – mit der Bahn fahre ich dann wenigstens schnell,sicher und immer noch ökologisch.

Text: Jana Kopp

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