vonKarim El-Gawhary 16.03.2011

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Foto: El-Gawhary

Sorry für die lange Pause. Ich hatte einfach zu viel an anderen Medienfronten zu kämpfen, so dass ich nicht dazu gekommen bin an meinem Blog weiterzuarbeiten. Ich gelobe Besserung und fange gleich heute mit diesem Foto an, dass ich gestern auf dem Heimweg von meinem Büro gemacht habe. Die ersten ökonomischen Auswüchse der ägyptischen Revolution, die am 25 Januar begann. Wie ganz Ägypten findet sich auch dieser revolutionäre Fischladen noch im Aufbau.

Im Büro hatte ich zuvor eine Gruppe libyscher Jugendlicher getroffen, die nach Ägypten im Auftrag des dortigen Nationalrats in Bengasi, also der Gegenregierung zu Gaddafi, unterwegs sind um Lobbyarbeit für ihre Revolution zu betreiben. Sie haben u.a. anderem den Chef der Arabsichen Liga und den deutschen und türkischen Botschafter getroffen und gestern kamen sie zu einem Interview bei mir im Büro vorbei, sieben Stück an der Zahl. Es war erfrischend ihnen zuzuhören, als sie erzählt haben, wie sie sich ein neues Libyen vorstellen. Und trotz der Bodengewinne der Gaddafi-Truppen versprühten sie einen unglaublichen Optimismus, dass sie am Ende gewinnen werden. Demnächst werde ich zu diesem Treffen noch etwas veröffentlichen.

Gerade als sie das Büro verlassen hatten, kam die Nachricht, dass der verhasste Staatssicherheitsapparat in Ägypten nun endgültig aufgelöst wird. Das ist ein riesiger Schritt für die Revolution in Ägypten, dass dieser Folter- Hauswart- und Belästigungsapparat mit seinen geschätzten 100.000 Mitarbeitern nicht mehr existiert. Dessen Chef wurde bereits verhaftet und es wird untersucht, inwieweit er für den Tod von 365 Menschen während der Unruhen in Ägypten verantwortlich ist. 47 weitere Mitarbeiter wurden mit dem Vorwurf verhaftet, wichtige Dokumente zerstört zu haben. Die Frage ist natürlich, mit welcher Institution dieser Apparat nun ersetzt wird. Darauf muss man ein genaues Auge werfen.

Und es geht weiter mit den Reformbewegungen in anderen arabischen Ländern. Noch zart sind deren Blüten in Syrien, aber es gibt sie auch dort, wie das folgende Video beweist, das am gestigen Tag des Zorns in Damaskus aufgenommen wurde

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=Br92Pm4Uw7w&feature=player_embedded[/youtube]

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Hier gibt es noch ein paar Details dazu.

Aber auch die arabischen Regime haben dazu gelernt, wie man Aufstände unterdrückt, nicht nur Gaddafi in Libyen. Es war klar, dass die Ankunft von 1000 saudischen Soldaten in Bahrain diese Woche keine gute Nachricht für die dortigen Demonstranten war. Der König von Bahrain will offensichtlich keine Zeit verlieren.

Räumung des Platzes der Perle in Bahrain

Heute Morgen wurde der Platz der Perle im Zentrum der Hauptstadt Manama geräumt. Übrigens haben die beiden Arabischen Fernsehsender Al-Arabiya (im Besitz des Schwagers des verstorbenen saudischen Königs Fahd, wird sie von dessen Sohn Azzuz gemanaged) und Al-Jazeera (im Besitz des Emirs von Katar, der auch Polizisten zur brüderlichen Hilfe nach Bahrain geschickt hat) jegliche professionelle Berichterstattung über die Vorgänge in Bahrain aufgegeben. Der englische Kanal von Jazeera International scheint etwas mehr Freiheiten zu haben. Soweit zum unabhängigen arabischen Fernsehen, wenn es darauf ankommt.

Es wird wahrscheinlich noch eine Weile dauern, bis ein revolutionärer Fischladen in Manama, Tripolis oder Damaskus aufmacht. Aber ich bin mir sicher, auch die Zeit wird kommen.

Am Schluss noch ein kurzer Hinweis auf eine eher persönliches Gespräch mit mir über Auslandberichterstattung und das Korrespondenten-Dasein in der arabischen Welt, das heute in der Wiener Zeitschrift „Falter“ erschienen ist.

Wer es lesen will, hier lang

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https://blogs.taz.de/revolutionaere_fischlaeden_hoffentlch_demnaechst_auch_in_libyen_bahrain_und_damaskus/

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