vondorothea hahn 14.06.2010

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Werte Gemeinde,

bis zur Veröffentlichung meines letzten Posts ahnte ich nicht, dass es Leute gibt, die eine detaillierte Vorstellungen davon haben, wie eine tazlerin zu wohnen hat. Offenbar existiert irgendwo ein Kodex für das richtige Wohnen.

Ich wollte lediglich meine Unterkunft beschreiben. Sowie die Atmosphäre in der Anlage, in der sie sich befindet. Beides ist ganz anders als in Paris. Sehr „amerikanisch“. Und fällt damit exakt in den Bereich jener Themen, von denen dieser Blog handelt: Unterschiede und Ähnlichkeiten.

Moralische Erwägungen lagen mir fern, als ich eine Wohnung in Washington gesucht habe. Meine Kriterien waren praktischer Art. Mich interessierte die Lage (zentral), der Preis (niedrig) und der Zustand (renoviert) der Wohnung. Ausserdem mußte sie sofort frei und bezugsbereit sein, denn zwischen meiner Ankunft und meinem Arbeitsbeginn in dieser Stadt hatte ich nur wenige Tage Zeit.

Ich war glücklich, dass es schnell geklappt hat. Und mir kam dabei zugute, dass der Wohnungsmarkt selbst in Washington in der Krise ist. Andernfalls hätte meine Vermieterin ihre Wohnung längst verkauft. LeserInnen, die sich tatsächlich solche Sorgen machen sollten, kann ich versichern, dass alle anderen Wohnungen, die ich besichtigt habe, teurer waren. Von den – hübschen und individuell gestalteten – Reihenhäuschen in den zentralen, älteren Stadtteilen, wo die gut verdiendende Mittelschicht lebt, ganz zu schweigen. Die sind mit einem taz-Salär nicht bezahlbar.

Im Inneren meiner Wohnanlage leben – auch das ein Widerspruch zu den Vorstellungen mancher LeserInnen – Leute sämtlicher Hautfarben. Untereinander pflegen sie eine unaufdringliche Freundlichkeit, die ich in Paris in 15 Jahren im selben Wohnhaus nie erlebt habe.

In Washington haben NachbarInnen nach wenigen Wochen eine „Wine and Cheese-Party“ organisiert, um uns in die Hausgemeinschaft einzuführen. Eine vergleichbare Geste habe ich in 15 Jahren in demselben Pariser Wohnhaus nie erlebt. Seit der „Wine and Cheese-Party“ treffe ich nun auf bekannte Gesichter, wenn ich zu meinem Briefkasten gehe. Und habe das angenehme Gefühl, ein wenig dazuzugehören.

PS: für die nächsten Tage verspreche ich hiermit neuen Stoff für Moralapostel: Ich werde über das Reisen in meinem neuen Berichtsgebiet USA schreiben. U.a. in so politisch unkorrekten Vehikeln wie Flugzeugen und Autos. Bin schon jetzt gespannt auf die Reaktionen..

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