vonImma Luise Harms 30.05.2009

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Der Tag ist heute also. Ich wache auf. Ich weiß nicht, wo ich bin. Ach so, O. und I. sind im Bauwagen; ich bin im Haus. Ich weiß nicht, was für ein Tag ist. Ich probiere alle Tage durch. Kannsein Dienstag, das hieße: polnisch. Kannsein, schon Mittwoch. Ach nein, I. ist ja heute nicht in ihrem Laden sondern zuhause erreichbar. Also ist kein Wochentag. Samstag. Samstag vor Pfingsten. Was muss ich heute machen, was wollte ich heute machen? In der Charité anrufen, dann I. anrufen. Sonst Zeit, Nachmittags nach Biesenthal vielleicht, vielleicht auch nach Berlin. Die Katze spürt durch die Tür, dass ich mir Gedanken mache. Sie bringt sich in Anschlag: Mrräh. Mrrau. Braucht sie Futter, muss sie dringend raus? Wieviel Uhr? Neun Uhr. Das geht. Aber für was? Gemessen an was? Was war denn heute? Ach, die Pfingsttagung ist ja. Ich wollte da wenigstens heute hingehen. Aber es ist ne eingeschworene Gemeinde, da kann man nur ganz oder gar nicht mitmachen. Das Garnicht hat sich in mir noch nicht richtig durchgesetzt.
Gestern habe ich das erste Mal geweint und mir heiß und sehnsüchtig gewünscht, dass Ch. wieder gesund wird und eine neue Chance für sein Leben kriegt. Er liegt noch immer im Koma und es ist unklar, ob er daraus zurückkommt.
E. wird sterben, die Behandlung seines Leberkrebses ist eingestellt. Ich weiß nicht, wie schnell das geht. Ich würde ihn gern treffen, aber er ist fest entschlossen, sein Gefühl nicht an mich ranzulassen. E. hat eine große Familie um sich. Ch. hat das nicht. Da bin nur ich, und I. ein bisschen und vielleicht auch noch M.
Angehörig sein.

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