vonChristian Ihle & Horst Motor 13.01.2008

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„Gestern Abend hatte das Grauen wieder einen Namen. „Sabine Christiansen: Mein 2008“ hieß der schreckliche Kessel Buntes, der eineinhalb Stunden lang über den Zuschauern ausgeschüttet wurde. Etwas Schlechteres, Langweiligeres und zugleich Ärgerlicheres, nachgerade Unverschämteres hat man lange nicht gesehen, obwohl schon die vorhergehende TV-Schmonzette „Das Traumhotel – Karibik“ beinah jedes denkbare Niveau für einen ARD-Fernsehfilm am Freitagabend unterboten hatte.

In einer nicht enden wollenden Dauerprozession schleuste Sabine Christiansen, 50, die Gäste ihrer einmaligen Jahresvorschau durch das Berliner Fernsehstudio, die jeweils kaum mehr als ein paar Sätze sagen durften. Von Jörg Kachelmann einmal abgesehen, der im gewohnten Redefluss eines tropischen Wasserfalls seine obskure Jahreswettervorhersage ablieferte.

(…)

Wie selten zuvor vermittelte das verheerende Christiansen-Revival, das einzig und allein der uferlosen Eitelkeit dieser Grand Old Schachtel des Sonntagabendtalks diente, welche Selbstanmaßung das Fernsehen in unseren Tagen inszeniert. Auf unterstem Illustriertenniveau, absolut beliebig und völlig unterschiedslos werden einzigartige Persönlichkeiten aus allen Lebens- und Arbeitsbereichen am Fließband durchs Programm geschleust. Wie in einer Zirkusarena führte Frau Direktorin ihre teuren Pferdchen vor, ob gefeierte Olympioniken, erfolgreiche Forscher oder verdienstvolle Helfer.

(…)

Beinah hätte man noch was vergessen: das Traumpaar der Peinlichkeitsparade, Henning Mankell und Peter Maffay. Beide sind große Freunde Afrikas und werben für „mehr Geduld“. Eine steile These in diesen Tagen, da täglich Tausende sterben.

Man hatte die Geduld aber längst verloren. Um den schlimmsten Leidensdruck im Sekunden-Zapping abzulassen – wir geben es zu! – schalteten wir immer mal wieder kurz zu RTL ins „Dschungelcamp“. Und siehe da, wenigstens für ein paar Augenblicke labte und erquickte uns der Blick in die grüne Hölle.

Die echte Hölle hieß gestern Abend Sabine Christiansen, und es bleibt nur eine letzte Hoffnung: dass es ein böser Alptraum war.“

(Reinhard Mohr, DER SPIEGEL)

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