vonChristian Ihle 10.05.2009

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„«J. J. Abrams ist ein hirnloser, anmassender Bastard, dem man seine Eier zum Frühstück servieren sollte.» Es ist der erste Satz, der mir über die Lippen kommt, als ich immer noch verstört vor dem Kino Plaza in Zürich stehe und mir zur Beruhigung bereits die dritte Zigarette anstecke. Hinter mir liegen die schlimmsten zwei Stunden, die ich jemals in einem Kino verbracht habe, mit der Pressevorführung des neusten «Star Trek»-Films.
(…)
Der neue «Star Trek»-Film, das Produkt des Regisseurs der konzeptlosen Endlos-Zumutung «Lost», J. J. Abrams, würde sogar dann nicht den einfachsten wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, die es braucht, um als Science-Fiction durchzugehen, wenn zum Schluss des Films sämtliche der ausnahmslos talentfreien Schauspieler mit Physikbüchern zu Tode geprügelt würden.
(…)
Dass Abrams, ein bekennender Fan der «Star Wars»-Reihe und ihres futuristisch angemalten Kung-Fu-New-Wave-Esoterik-Kitsch-Quatschs, uns die Möglichkeit zumutet, dass ein Raumschiff zurück in der Zeit reisen kann, wenn es durch ein Schwarzes Loch fällt, ist dabei noch der harmloseste aller Denkfehler – von solchen und ähnlichen Übertreibungen wurde Star Trek schon immer geprägt. Dass Menschen aber aus einem Raumschiff im Orbit mit Fallschirmen auf einen Planeten herunterspringen können, ohne dabei in der Atmosphäre zu verglühen, darüber kann niemand, der eine Schulstunde Physik hinter sich hat, müde lächeln. Und dass Spock den Kollaps seines Heimatplaneten Vulkan, der dabei grösser aussieht als ein voller Mond, von einem anderen Sonnensystem aus mit blossem Auge beobachten kann, darüber muss sich selbst ein durchschnittlich begabtes Kind im Vorschulalter kaputtlachen.
Da hilft es auch wenig, dass Abrams seine Rolle als Regisseur wie schon bei «Lost» vor allem darin sieht, ausdruckslose Gesichter in emotionsfreien Close-ups zu zeigen – nur dass er wenigstens das ganze mit computergenerierten Special Effects der Extraklasse anreichern kann.
(…)
Dieses philosophische Erbe ist in Abrams’ «Star Trek»-Verfilmung so weit verschwunden, dass ich versucht bin, dem Regisseur Revisionismus zu unterstellen: Er nimmt die visuellen Elemente der Serie, reduziert sie so lange, bis sie ihren Sinn verloren haben, schmeisst sie in einen Mixer und giesst das ganze zu einem belanglosen Actionfilm. Einem hundsmiserablen Actionfilm mit wenig Humor und noch weniger Spannung – dem einzigen Element, mit dem sich sein Prestigeprojekt «Lost» wirklich jemals brüsten konnte.

Abrams kann von Glück reden, dass Roddenberry selber nicht mehr erleben musste, wie hier mit seinen Ideen umgegangen wird. Der überzeugte Pazifist Roddenberry würde Abrams seine gesammelten Werke auf DVD verfüttern. Guten Appetit. Und sollte ich Ihnen Lust gemacht haben, sich den Film anzuschauen, nur um sich zu überzeugen, ob er wirklich so schlecht ist – tun Sie es nicht. Dieser Film ist so schlecht, dass es sich nicht einmal lohnen würde, ihn gratis herunterzuladen.“

(Etrit Hasler in der WOZ vom 07.05.2009)

Mit Dank an „Knopfauge“!

Inhaltsverzeichnis:
* 150 Folgen Schmähkritik

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