„Prechts wichtigstes Anliegen darin (Anm.: in seinem Buch „Liebe“) ist es, die Evolutionspsychologie und ihre Erklärungen menschlicher Sexualität und der Geschlechterbeziehungen zu verwerfen. In diesem Zusammenhang erklärt er auch gleich, weshalb die gesamte etablierte Evolutionsbiologie und Verhaltensbiologie falsch liegt – oder jedenfalls das, was der Autor dafür hält. Dies ist ein großer Unterschied, denn Richard David Precht kennt sich auf diesen Gebieten kaum besser aus als Oliver Pocher. (…)
Man macht sich nicht leicht eine Vorstellung von dem Bild, das Richard David Precht in „Liebe“ abgibt; vom schieren Ausmaß an Inkompetenz und großspuriger Besserwisserei, das dieses Buch durchsetzt. Es ist eine pseudowissenschaftliche Blamage. Pausenlos höhnt und spottet Precht gegen Theorien aus der Evolutionsbiologie und der evolutionären Psychologie, die er nicht einmal ansatzweise verstanden hat, und sonnt sich im Triumph rhetorischer Fragen, die seine eigene Ahnungslosigkeit unerbittlicher offenlegen, als es jeder Kritiker könnte. Nicht einmal eine kurze Erklärung der Theorie der natürlichen Selektion mag dem Autor gelingen, ohne eine kognitive Mehrfachkarambolage hinzulegen.
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Das alles beruht auf unverstandenen Versatzstücken aus dritter, bestenfalls zweiter Hand, frei zusammengereimt von Precht – aber immer, immer präsentiert im Übersichtsgestus des allwissenden Erzählonkels. Seine theoriegeschichtlichen Aussagen sind dabei oft genauso frei erfunden wie die absurden Strohmänner, die er konstruiert.
Nicht einmal von den meistzitierten, paradigmenstiftenden Klassikern der evolutionären Fachliteratur des letzten halben Jahrhunderts kann Precht reden, ohne sie falsch zu identifizieren, falschen Zeitabschnitten zuzuordnen oder einfach ihre Aussagen auf den Kopf zu stellen. Irgendwann ist man so weit, dass man fast Dankbarkeit empfindet, wenn Precht bloß die Anzahl der in einem Mannesleben produzierten Spermien um einen fünfstelligen Faktor zu gering beziffert und ansonsten keinen Schaden anrichtet.
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Die im Untertitel behauptete Unordentlichkeit des Gefühls der Liebe offenbart sich dabei weitaus weniger als die Unordentlichkeit von Prechts geschwätziger Themenbehandlung. Und seine verstreuten Analyseansätze bleiben stümperhaft. Die Liebe sei, so betont Precht etwa, keine „Emotion“, nein, ein „Gefühl“. Gefühle seien „durchgängiger und langlebiger“ und „mit Vorstellungen verbunden“. Als paradigmatische Beispiele für Emotionen präsentiert uns Richard David Precht allen Ernstes: Müdigkeit, Hunger, Frieren, und sexuelle Gier – rohe Sinnesempfindungen und Triebe also, keine einzige Emotion. (…) Precht, Philosoph der Liebe, hat keinen Schimmer von der Forschung in der Philosophie der Emotionspsychologie.“
(Malte Dahlgrün in der Süddeutschen Zeitung über das Buch „Liebe – Ein unordentliches Gefühl.“ von Richard David Precht – im restlichen Artikel sind noch weit mehr Schmähungen verborgen, so dass ein Lesen des Originals dringend ans Herz gelegt wird)
(mit Dank!)