vonSchröder & Kalender 28.06.2006

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Der Bär flattert in südöstlicher Richtung.

Gestern im Café im Volkspark Schöneberg am goldenen Hirsch. Wir saßen mit Freunden zusammen, Peter und Uwe redeten mit Jörg über die Marbacher Verliese. Ich sprach mit Claudia, einer Französischlehrerin, die mit Peter verheiratet ist, über den Fall Özdamar und Zaimoglu. Die Sonne schien und ein leichter Wind wehte sacht die weißen Wollsamen der Bäume vom Boden auf. Eins dieser Büschel setzte sich auf Claudias Dekolleté, sie trug ein leichtes Kleid aus Organza. »Du hast da Samen«, sagte ich. »Ach«, lächelte sie, »und wischte die weiße Wolle von der Brust, »ich hätte gern mal wieder ganz anderen Samen. Ich bin jetzt fast fünfzig und habe das Gefühl, irgendwann werde ich achtzig und hatte nicht mal mehr einen Liebhaber …« »Das ist interessant«, unterbrach ich sie, »laß uns darüber mal reden.« »Nein, nicht jetzt, ich möchte nicht, daß Peter es hört.« Wie aufs Stichwort wandte Peter sich von Jörg ab, der gerade etwas über Rolf Dieter Brinkmann erzählte, und fragte: »Was soll ich nicht hören?« »Na ja«, sagte Claudia, »wir haben über Balzacs ›La femme de trente ans‹ geredet. Die den Preis der Liebe kennt und sich ihrer freut in der Furcht, sie zu verlieren: ihre Seele ist noch schön durch die eben entschwindende Jugend und ihre Leidenschaft erstarkt durch die Ahnung einer sie erschreckenden Zukunft.« Eine Frau, die sich auskennt, diese Julie d’Aiglemont, Balzacs Romanfigur und Claudia auch.
(BK)

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