vonSchröder & Kalender 14.02.2007

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Der Bär flattert in nordöstlicher Richtung.

In der Neuauflage des Prozesses vor dem Landgericht Augsburg gegen Max Strauß wegen Steuerhinterziehung sagte auch der »Geschäftsmann« Dieter Holzer aus. Holzer wurde kürzlich wegen der Schmiergeldaffäre beim Kauf der Leuna-Raffinerie durch den französischen Ölkonzern Elf Aquitaine zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Ein anderer »Geschäftsmann«, der in Deutschland seit Jahren gesuchte Waffenlobbyist und Franz-Josef-sowie-Max-Strauß-Freund Karlheinz Schreiber wird vermutlich von der kanadischen Justiz nicht ausgeliefert. Was wir von diesem Kriminal-Tango in Augsburg mitbekamen, steht in ›Schröder erzählt‹. Wir bringen den Text aus der Folge der ›Willkommen!‹ in zwei Fortsetzungen:

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Wenn dieser tödliche Unfall zum Ziel gehabt haben sollte, Hillingers Ermittlergruppe bange zu machen, so hatte man sich getäuscht. Der Staatsanwalt Maier blieb an dem Fall dran, vernahm erneut »Maxwell«, den Sohn des verstorbenen Franz Josef Strauß, und brachte ihn in so arge Schwulitäten, daß dessen Schwester Monika Hohlmeier, Schulministerin im Kabinett Stoiber, in Weinkrämpfe ausbrach. Denn der Augsburger Steuerfahnder Kindler hatte inzwischen Karlheinz Schreibers ziemlich primitive Codes geknackt: eben »Maxwell« für Max Strauß, »Waldherr« für Walther Leisler Kiep et cetera. Da nützte es dem Junior Strauß auch nichts mehr, daß in einem frühen Stadium des Verfahrens, als man seinen Computer beschlagnahmt hatte, vorher die Festplatte von mysteriösen Viren gelöscht worden war. Inzwischen wurde Karlheinz Schreiber in Kanada festgenommen, man ließ ihn auf Kaution frei, und er gab reihenweise Interviews in Sachen Schäuble, Baumeister & Co.

Der Skandal zog immer weitere Kreise, dem Langstreckenläufer Kindler fiel bei seinen Recherchen dann die Delta International Establishment auf. Diese Schweizer Gesellschaft wurde von Dieter Holzer kontrolliert und hatte über diverse Zwischenstationen hundertzweiundfünfzig Millionen Franc von der Elf Aquitaine erhalten. Dieter Holzer, der frühere Chef einer saarländischen Abdeckerei und Lobbyist, pflegte gute Beziehungen zu Maxwell Strauß, der wiederum verfügte über die Delta-Konten, als seien es seine eigenen. Der flüchtige Pfahls stand ebenfalls auf Holzers Gehaltsliste, und Edmund Stoiber, der ja nie ein Wässerchen trübt, war mit seiner Familie sechsmal in Holzers Villa ›Soussous‹ in Juan-les-Pins zu Gast. Auch den früheren CDU-Verkehrsminister Krause lud Holzer dorthin ein, danach hatte der plötzlich nichts mehr gegen die Übergabe der tausend Minol-Tankstellen an die Elf. In Sachen Leuna/Minol schrieb der Lobbyist streng vertrauliche Botschaften an den »lieben Helmut Kohl«, der daraufhin »seinen persönlichen Einfluß« bei Frankreichs Premier Edouard Balladur nutzte, um den Weg frei zu machen für den Leuna-Verkauf an den französischen Staatskonzern im Werte von fünf Milliarden plus eins Komma vier Milliarden DM Subvention der BRD.

All diese erstaunlichen Querverbindungen zwischen Schreibers Panzergeschäften mit Saudi-Arabien und der Leuna-Affäre entdeckten die Augsburger Ermittler. Schreiber hatten sie bereits am Wickel, jedoch Leuna fiel nicht in ihren Kompetenzbereich. Zwar gab es Verfahren gegen die Elf-Manager in Frankreich und in der Schweiz, auch die Europäische Kommission in Brüssel ermittelte wegen des Subventionsbetrugs in Milliardenhöhe. Nur am eigentlichen Tatort Deutschland wollte sich partout keine Staatsanwaltschaft für zuständig erklären. Zwar sollte der Bundestagsausschuß ›DDR-Vermögen‹ die Leuna/Minol-Affäre untersuchen, er beendete aber seine Arbeit ohne Ergebnisse, weil die Akten fehlten, die Kanzleramtsminister Friedrich Bohl vorsorglich vernichtet hatte. Anschließend nahm der hinlänglich bekannte CDU-Spendenskandal seinen Lauf. Dennoch verbot der neu ernannte Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz seinem Gruppenleiter Winfried Maier, das Verfahren an sich zu ziehen. Begründung: Die Behörde sei »überfordert«, und der Tatort läge eben nicht in seiner Zuständigkeit. Und dies trotz der nicht zu übersehenden Beziehungen zum Fall Pfahls/Schreiber.

Das paßt gut zu den Nebelwerfern des Bundestagsuntersuchungsausschusses, der zu prüfen hat, ob die Entscheidungen der Regierung Kohl käuflich waren. Nur für die blöde Öffentlichkeit wurde so getan, als sei man daran interessiert, den in Manila verhafteten Alfred Sirven in Weiterstadt zu vernehmen. Tatsächlich wurde er subito von Frankfurt nach Paris abgeschoben, man wollte nämlich seine Aussagen um keinen Preis hören. Das ist Staatsversagen! Ich zähle noch einmal auf, wer sich alles nicht zuständig fühlte: die Staatsanwaltschaft Augsburg beziehungsweise deren vorgesetzter Generalstaatsanwalt in München beziehungsweise der bayerische Justizminister beziehungsweise der Untersuchungsausschuß des Bundestages beziehungsweise die doch für den Lauf der Gerechtigkeit nicht gänzlich unzuständige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin. Aber was war der Grund dafür, nicht auf einen Haftbefehl in Sachen Sirven hinzuwirken? Dreimal darfst du raten! Die Antwort ist so einfach, daß man es kaum glauben möchte: Im September 2001 verjähren die meisten Straftaten im Panzer-Leuna/Minol-Komplex. Deshalb ist der neue Untersuchungsausschuß zum Fall Schreiber, der gerade im Bayerischen Landtag seine Arbeit aufgenommen hat, die reine Augenwischerei. Dieser Ausschuß soll in den nächsten eineinhalb Jahren klären, ob die Regierung Stoiber in die Ermittlungen der Augsburger Staatsanwaltschaft gegen Pfahls, Riedl, Strauß und Co. eingegriffen hat. Aber nach allseitiger Verjährung muß das Verfahren ausgehen wie das Hornberger Schießen, darauf wette ich!

Und weil keiner der vielen Kommentatoren diesen Irrsinn bisher im Zusammenhang erzählen wollte, muß ich aus Chronistenpflicht der staunenden Nachwelt wenigstens die Mär von den drei Rittern gegen Tod und Teufel überliefern. Leider endet das Märchen nicht so, wie man es gern hätte. Denn der Chefankläger Jörg Hillinger starb eines rätselhaften Todes, Staatsanwalt Maier gab schließlich doch auf und wechselte zum Familiengericht, nachdem er ohne Wirkung vor dem Parteispendenausschuß in Berlin ausgesagt hatte. Nur der unermüdliche Steuerfahnder Kindler gibt sich weiterhin der Einsamkeit des Langstreckenläufers hin. Ach, Chronistenpflicht! Laß es uns tiefer hängen. Vielleicht habe ich die Geschichte auch nur deshalb erzählt, weil Barbara und ich auf dem Weg zum Bäcker an den beiden unscheinbaren Häusern in der Prinzregentenstraße und in der Bahnhofstraße, in denen die drei wackeren Ermittler gearbeitet haben, zweimal in der Woche vorbeigelaufen sind.

(BK / JS)

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https://blogs.taz.de/schroederkalender/2007/02/14/kriminaltango-2/

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kommentare

  • Der Flickskandal noch nicht publik/
    da war es an der Zeit/
    für eine gesellschaftliche Wende/
    „geistig-moralisch“ sollte sie sein/
    Doch ihre Moral ist versunken /
    in einem korrupten Spendensumpf ertrunken/
    nur ihre Selbstgerechten Lügen /
    sie können scheinbar schwimmem/
    Unterstützt durch Raffgier/
    Rüstungsbonzen schmieren ihre Macht hier/
    Das ist ihre Klientel und die bestimmt was oben schwimmt/

    Sie fördern Tugenden der Selbstsucht/
    ihr Gewissen ist vor Habgier schon krepiert/
    Tugenden der Selbstsucht fördern kriminelle Energien/
    um Peanuts zu kassieren/

    Reden ist Silber/
    Schweigen ist Gold/
    Aussitzen dient dem Machterhalt/
    wenn sie die Wahrheit überrollt/
    Mit Überheblichkeit und Arroganz/
    stellen sie ihr Ehrenwort ganz vorne an/
    um sich winden in Unschuld zu suhlen/
    doch an ihren Westen sind noch Flecken dran/
    denn Schmiergeld das färbt/
    Vermächtnisse von Juden geerbt?????/
    Nein!!! nur Lügen, Betrug, Heuchelei /
    ihre Tugenden waschen jede Weste weiss/
    denn ihre Moral ist versunken /
    in einem korrupten Spendensumpf ertrunken/
    nur ihre Selbstgerechten Lügen/
    sie können scheinbar schwimmen/

    Verschleppte Ermittlungen /
    gebremmst von der obersten Justiz/
    so werden sie geschützt vor Stasiakten/
    und jedem weiteren Indiz/
    Diese Klassestützt sich selbst mit geschmierter Macht/
    und „Schwarzen Geld“ und so wird es weitergehen mit ihrer Moral/
    durch ein Weiterbestehen des Kapitals/
    denn das System gibt ihnen die Arroganz für Tugenden der Selbstsucht

    http://www.myspace.com/abnormgoe

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