vonSchröder & Kalender 25.04.2007

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Der Bär flattert in westlicher Richtung.

Zurück zu den Versuchen, meine Buchprojekte zu stoppen, die regelmäßig mit Josephs Wutanfällen endeten. Nicht daß du denkst, ich sei nicht mit ihm fertig geworden. Wenn er anfing zu meckern oder zu toben, sagte ich: »Herr Melzer, wieso kümmern Sie sich plötzlich um das Programm? Ich konnte den Laden sanieren, weil Sie sich vier Jahre lang rausgehalten haben. Den Verlag leite ich, so ist es mit Ihnen und der BfG vereinbart, nun lassen Sie mich in Ruhe arbeiten!« Dann redete er drei Tage kein Wort mit mir, doch es war eindeutig, er kehrte immer mehr den Chef heraus, und das war nicht nur unangenehm, sondern absurd. Richtig schlimm wurde es Ende Februar, als der ›Spiegel‹ eine Olympia-Press-Geschichte unter dem Titel ›Sportliches Geschehen‹ brachte. Dazu war es gekommen, weil ich im ›Börsenblatt‹ das Erscheinen der Olympia-Press-Bände für den 1. März angekündigt hatte. Sofort mahnte mich der Nürnberger Olympia-Verlag ab, in dem das ›Kicker‹-Fußballmagazin erscheint, protestierte gegen die Verwendung des Firmennamens ›Olympia Press‹, obwohl der ihn als Markennamen selbst auch nicht eingetragen hatte: »… dürfte die Kraft des olympischen Gedankens eine dermaßen sachbezogene Ausstrahlung genießen, daß eine unter dem Namen ›Olympia-Verlag‹ arbeitende Firma das sportliche Geschehen bei ihren Publikationen betont berücksichtigen muß. Ohne auf Inhalt oder Qualität der von Ihnen angekündigten Titel einzugehen, steht doch fest, daß es Ihrem Vorhaben an jeglichem Bezug zum olympischen Gedanken mangelt.«

Ein gefundenes Fressen, ich gab den Brief an den ›Spiegel‹ weiter, der das sportliche Geschehen genüßlich als Pointe zitierte. Hauptsächlich ging es darum, daß Girodias und Schröder bald die scharfen Olympia-Press-Bücher in Deutschland herausbringen würden. Schon wieder zwei Seiten Promotion, es hagelte Bestellungen! In dem Artikel stand auch, wer die drei Gesellschafter der deutschen Olympia Press waren: nämlich zu je einem Drittel Maurice Girodias, Joseph Melzer und Jörg Schröder. So hatte ich es dem Redakteur erzählt, so war es zwischen den Partnern besprochen. Wer aber meine Geschichte bis heute verfolgt hat, der weiß, bei Joseph Melzer bedeutete ›besprochen‹ nicht, daß etwas auch eingehalten wurde.

Höchstens fünf Minuten – und zwar vor zwölf – wurde mir bewußt, daß ich über den Schwierigkeiten, die Anzeige im ›Spiegel‹ zu plazieren, und wegen der Produktion des Programms fast schon wieder vergessen hatte, den Gesellschaftervertrag der Olympia Press zwischen Melzer und mir festzuklopfen. Nachdem nun der ›Spiegel‹ druckfrisch auf dem Tisch lag – du siehst daran, ich betrieb in den frühen Jahren alle meine wichtigen geschäftlichen Aktivitäten mit ›Spiegel‹-Flankierung –, schrieb ich am 24. Februar Joseph Melzer einen freundlichen Brief, in dem stand: »Bevor die ersten Olympia-Press-Bände ausgeliefert werden, möchte ich darum bitten, daß unser Vertragswerk unter Dach und Fach kommt.« Mit seinen Profiten aus der Olympia Press sollte schließlich der Melzer Verlag finanziert werden. Und es war seit langem mündlich vereinbart, daß im Gegenzug alle Mitarbeiter zu einem Drittel am Melzer Verlag beteiligt werden. Immerhin hatte ich ein Druckmittel in der Hand, damit nun endlich Butter bei die Fische kam: Ich konnte die Olympia-Pornos erscheinen lassen, wann immer ich wollte. Also rief ich den Drucker Christoph Kreickenbaum an, den ich vorher zur Eile angetrieben hatte, und erklärte ihm, er müsse sich nicht mit der Fertigstellung überschlagen, der Auslieferungstermin sei auf den 15. März verschoben worden; er quittierte es mit Erleichterung.

Auf meine freundliche Erinnerung kam eine geharnischte Antwort, in der standen so komische Formulierungen wie: »Ich darf in diesem Zusammenhang mit Genugtuung feststellen, daß die sozialen Bedingungen der Mitarbeiter in keinem Unternehmen der Bundesrepublik (und auch über diese hinaus) so großzügig und gerecht gelöst wurden und nicht zuletzt die menschlichen Beziehungen auf einer so kollegialen Partnerschaft beruhen, wie dies im Melzer Verlag der Fall ist.« Schon allein grotesk, seinen kleinen Verlag so bombastisch darzustellen! Aber Melzer schrieb weiter: »Ich bin mir darüber im klaren, daß dies nur der Anfang von Bestrebungen sein kann, die als Endziel die Abschaffung des Eigentums zur Folge haben sollen; ein Ziel, dem meine uneingeschränkte Sympathie gilt, sofern die Mittel, die zu diesem Ziel führen sollen, die bestehenden Rechte und Gesetze nicht antasten.« So war es, er verfolgte die Abschaffung des Eigentums mit Sympathie, solange es sich nicht um das seinige handelte. Und er begrüßte meine Bestrebungen, neues Eigentum für ihn anzuschaffen: »Ich bin bereit, mich mit Girodias und unter Umständen auch mit Ihnen am Olympia-Press-Projekt zu beteiligen. Jedoch für den Melzer Verlag muß ich Sie wegen zahlreicher politischer, literarischer und philosophischer Divergenzen bitten, in Zukunft vor Annahme von Manuskripten meine Einwilligung einzuholen.« Den anderen Mitarbeitern drohte Melzer für den Fall nicht näher bezeichneter Kompetenzüberschreitung nicht näher bezeichnete Konsequenzen an und schloß mit einem dicken Hund: »Um an Ihrer Vertrauenswürdigkeit jeden Zweifel auszuschließen, möchte ich Sie in Zukunft um Aufschlüsselung jeder Ausgabe, Zahlung, eingegangenen Verbindlichkeit ersuchen.« Diesen Brief konnte er nicht allein geschrieben haben, aber es klang auch nicht nach Anwalt. Bald sollte sich herausstellen, wer das Herzchen war, das ihm geholfen hatte.

Fortsetzung folgt

(BK / JS)


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