Der Bär flattert in östlicher Richtung.
Klaus Jünschke schreibt in der Einleitung zu ›POP Shop. Gespräche mit Jugendlichen in Haft‹: »Die Kritik am Gefängnis ist so alt wie die Gefängnisse selbst, die Ende des sechszehnten Jahrhunderts entstanden. Bereits 1764 schrieb der italienische Jurist und Schriftsteller Cesare Beccaria in seinem berühmten Buch ›Über Verbrechen und Strafen‹: »Es ist besser, den Verbrechen vorzubeugen als zu bestrafen … Das sicherste aber schwierigste Mittel, die Verbrechen zu verhüten, ist endlich die Erziehung. …
Nach dem Tötungsdelikt in der Jugendstrafanstalt Siegburg im Dezember 2006, bei dem drei Jugendliche den Mitgefangenen Hermann Heilbach getötet haben, wurde das Recht auf eine Einzelzelle als Schutz vor derartigen Übergriffen beschlossen. Diese Forderung ist blind für die Tatsache, dass Einzelzellen selbst ein Übergriff sind. Besonders bei Jugendlichen löst die Einsperrung in einem kleinen Raum Angstzustände, Gefühle des ausgeliefert- und Alleinseins aus und produziert Hass. Jugendliche müssen in Zimmern untergebracht werden, die sie verlassen können, wenn sie Angst bekommen. Dieser offene Vollzug als Regelvollzug ist eine alte Forderung der Jugendhilfe: »Menschen statt Mauern.«
Die Ausstellung ›Menschen statt Mauern – für ein Europa ohne Jugendgefängnisse‹ wird heute um 17 Uhr im Bezirksrathaus Mülheim am Wiener Platz eröffnet. Die Einladung kann auf der Projekthomepage ›Jugendliche in Haft‹ gelesen werden.
(KJ / BK / JS)
ihr habt schon irgendwie recht mit dem offenen vollzug, aber unrecht gegen die einzelzelle. es MUSS genug einzelzimmer geben, alles andere ist einfach unmenschlich.
ich kenne sämtliche mauersysteme, die wir hier in deutschland (ehemals west – ganz wichtig!) haben, von innen, und glaubt mir, es ist ein anderer blick.
weder die psychiatrien, noch die erziehungsheime, noch gar die knäste haben je kapiert, was sie zerstören statt zu entwickeln. sie können es auch nicht kapieren, denn sonst müssten sie ihre sofortige selbstauflösung propagieren. ihr auftrag ist unterdrückung, nicht befreiung. insofern gehen sämtliche bemühungen um ‚humanere‘ unterbringung immer haarscharf am problem vorbei.
im übrigen bin ich der sehr bestimmten auffassung, dass es eben die ‚erziehung‘ ist, die uns dahin brachte, wo wir aufschlugen. oder ganz persönlich – die mauern, ich musste sie sehen, fühlen, nicht nur wissen, um nicht völlig an ihnen zu zugrunde zu gehen. aber es hätte mich fast umgebracht. nur woher hätte ich als fünfzehnjähriger wissen sollen, dass es so ist, wie es ist?! was danach kam, war der harte gesellschaftliche lauf der dinge.
später und zwischendurch wurde das grundlage eines lebens- und erfahrungsschatzes, der dann doch eine unerhörte bereicherung für mich mit sich brachte, ein schnuppern an etwas, das ich freiheit nennen würde, wenn auch auf einem materiellen niveau von heutzutage hierzulande unsereins 347,- maximum.
so rum betrachtet hätte es schlimmer kommen können. doch das ist wieder eine andere geschichte.