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Der Bär flattert in südöstlicher Richtung.
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In der jungen Welt berichten wir heute über den ›Kölschen Klüngel‹ Anfang der 60er Jahre. Wie das Severinsviertel heute aussieht, zeigt das Bilderbuch-Köln. Das Kolumnenformat in der jungen Welt ist auf 5.000 Zeichen beschränkt, deshalb erzählen wir die Geschichte hier weiter:
Die Strafverfolger waren zu Recht verschrien, mit den Verbrechern unter einer Decke zu stecken, hier war eben echtes altitalisches Land. Eine Art rheinischer Volksheld der frühen Jahre war Werner Haas, er war Leiter einer Sonderkommission, die der Innenminister Willi Weyer zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens eingesetzt hatte. Haas kam bezeichnenderweise aus Düsseldorf und kehrte mit dem eisernen Besen, veranstaltete ständig Durchsuchungen mit seiner Spezialtruppe. Da geriet die Gelassenheit der Kölschen Schmier ins Wanken. Bei einer Razzia am Grüngürtel in Ehrenfeld, vor einem Schrebergartenpuff, wurde einer seiner Einsatzleiter erschossen. Es traf ihn die für solche Fälle reservierte »verirrte« Polizeikugel.
Wie war in Köln es doch vordem im Schrebergarten so bequem! Dort nämlich in einem Wegegeviert am Parkgürtel zwischen Pfingstrosen, Stachelbeeren und Tränenden Herzen hatte ein Bordellierkartell aus dreißig Häuschen ein Rotlichtviertel gegründet. Außen waren die Baracken so geblieben, wie die Erbauer sie liebevoll zusammen-geschustert hatten. Natürlich gab es noch keine Normhütten vom Baumarkttyp, sondern phantasievolle aus allem möglichen Schrott, eben die Kunst der neuen Zimmerleute. Innen aber Rotlichtserail: Goldbommeln, Samt und Plüsch, Puffgeisterbahnen ohne fließend Wasser. Die Waschschüsseln wurden draußen in die Ligusterhecken gekippt. Und die Rentner waren glücklich! Natürlich nur solche, die ihre Parzellen an die Bordelliers vermieten konnten, das war der vergoldete Rotkohl. Der aber erregte den Neid der ›Gartenfreunde Harmonie‹ und führte schließlich zu der Razzia, bei der ein Kommissar aus Haas’ Sonderkommission den Tod fand. Ende eines Puffbiotops.
(BK / JS)