vonSchröder & Kalender 18.04.2009

Schröder & Kalender

Seit 2006 bloggen Schröder und Kalender nach dem Motto: Eine Ansicht, die nicht befremdet, ist falsch.

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Der Bär flattert in südwestlicher Richtung.
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In seiner Osterpredigt hat der Augsburger Bischof Walter Mixa praktizierende Atheisten für mitschuldig an den Massenmorden von Nationalsozialisten und Kommunisten erklärt. Das ist absurd angesichts der jüdisch-christlichen Tradition und der abendländischen Mythen, welche auf Kindesmord fußen: Ödipus, der sich die Augen ausreißt, Orrest, der seine Mutter tötet, Agammemnon, der Iphigenie opfert, Jahwe, der Adam und Eva aus dem Garten Eden vertreibt, Abraham, der bereit ist, Isaak zu opfern, und schließlich der christliche Gott, der seinen eingeborenen Sohn Jesus ans Kreuz schlagen läßt.

Die Warnungen der patriarchalischen Untergangspropheten wie Walter Mixa sind nur insofern berechtigt, weil die Entscheidung sich vom Glauben an kindesmörderische Götter abzuwenden das Ende der sogenannten Zivilisation wäre, wie wir sie kennnnen. Das ist es, was der Militärbischof Mixa befürchtet.

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»Mixa wetter mit Verweis auf Nazi-Verbrechen gegen Atheismus« titelte Google News

»Osterpredigt. Bischof Mixa sieht Massenmord als Folge des Atheismus« titelte Spiegel online.
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Douglas Milburn stellt radikaler als in den Werken von Alice Miller den ›Kindesmord‹ ins Zentrum seines Buches.  Vom griechischen über den jüdisch-christlichen Mythos führt der Weg zum europäischen: Hamlet, der seinen Vater rächen muß; Faust, dessen Tour de force durch Ausschweifung, Hexerei und Geisterkult in einem patriarchalischen »Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen« endet. Und schließlich Doktor Frankenstein, der sich weigert, seinen Sohn – das Monster – zu umarmen. Vom amerikanischen Mythos Wyatt Earp und dem Shoot-out in der Main Street, den Erfolgsmenschen des Horatio Alger und schließlich bis zum Supersohn, dem denkenden und sprechenden Computer ›HAL 9000‹ aus Stanley Kubricks Film ›2001: Odyssee im Weltraum‹, spannt Milburn den Bogen in die Gegenwart.


Douglas Milburn, ›Kindesmord‹. Orig.-Titel: ›Filicide. The Mythic Reality of Childhood‹. Aus dem Amerikanischen von Helma Schleif. Brosch.,  248 Seiten, März Verlag 1982 (nur noch antiquarisch erhältlich).
Motiv auf dem Cover: Lovis Corinth, ›Das große Martyrium‹

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Milburns Theorie des ›Kindesmord‹ reicht von der Pädagogik und Erziehung bis in alle Bereiche des Verhaltens von Erwachsenen gegenüber Erwachsenen. Die Mythen und religiösen Glaubenssysteme unserer Kultur beruhen nach Milburn auf diesem, von ihm als ›Filizid‹ bezeichneten Verhalten. Milburns Filizidtheorie läßt auch  erkennen, warum Revolutionen zu mörderischer Gewalt degenerieren und warum die Führer, die aus Revolutionen hervorgehen, sich als die gleiche Art von Herrschern erweisen wie ihr prärevolutionären Vorgänger.
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Inhalt:

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Einleitung:
Das große Martyrium
Die Arten der Gewalt

Filizid:
Die Theorie des Filizid

Filizidale Imperative:
Kontrolle
Nachahmung
Vorsicht
Heuchelei
Negativität

Die filizidale Vergangenheit
Griechischer Mythos:
Ödipus und Jokaste
Orest und Klytaimnestra
Iphigenie
Jüdisch-christlicher Mythos:
Adam und Eva
Abraham undd Isaak
Jesus

Europäischer Mythos:
Hamlet
Faust
Frankenstein

Amerikanischer Mythos:
Wyatt Earp
Horatio Alger
Faschismus und Filizid
HAL 9000
Myra Breckinridge

Die filizidale Gegenwart:
Frauen und Männer
Kinder
Das Paradoxon gewaltlosen Handelns

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(DM / LC / BK / JS)

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