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Der Bär flattert in nördlicher Richtung.
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Letzter Besuch von Horst Tomayer am 12. Juli 2011 am Berliner Bundesplatz. Foto: Barbara Kalender
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Unser Freund und Betriebsprüfer Horst Tomayer ist gestorben. Etwa 500 seiner legendären Faxe aus den Jahren 1984 bis 2005 haben wir nach Marbach ins Deutsche Literaturarchiv eingeliefert, etwa 250 Blatt liegen noch bei uns in Berlin. Einige seiner Gelegenheitsgedichte und Briefe haben wir in diesem Blog veröffentlicht.
Ein Fax vom 5. Mai 2003 bringen wir hier, denn so sah unser Horst das Leben. Nun ist er leider tot.
Liebes Liebes- und Literatur-Paar!
Erinnernd eine Aussage in Euren Erinnerungen, dass man im Dorf möglichst keine eigne Literatur verstreuen soll, möchte ich Euch heute einmal erzählen, dass Ihr zwei zweifelsfrei recht habt.
Vor acht Wochen spricht mich die Wochenendhilfe der gegenüber meines Anwesens gelegnen Metzgerei auf meine Amtstierarzt-Rolle in der Serie ›Tierarzt Dr. Engel‹ an – also dass ich das immer so hübsch mache. Und sie hätte gern ein Autogramm. Hab keins, sage ich, aber ich kann Ihnen ein Bücherl mit lustigen Reimen ruhig schenken, wo Sie so nett mich angehn. Schreib ich also vorn was Netz rein in die ›German Poems‹ und reich’s rein in die Metzgerei. Keine zwei Tag später schauen mich alle in der Metzgerei scheel, schief, maulfaul bis gar net an. Dies aber hat, mainz Erachtens, nix anders zum Ursachenanlaßgrund, als daß in dem Bücherl Sachen drinnen stehn à la ›SOS Fellatio‹: »Das Glied schmeckt nicht selten nach Ellenbogen oder Lineal oder kaltem Gänseklein…« Und in der Fahrraddiebhalsgerichtsordnung geht die Rede von: »Kleinkinderficken, Robbenbabyentkleiden und Hostienbespein …«
Nun erinnert man diese Textbausteine ja fast kaum mehr, sooo her sinse, haaber für die sinse frisch wie der grad geschlüpfte Flieder. Kurz&um: Ich bin bei allen von der Metzgerei in a) Acht, b) Bann, c) Verschiß. Erst als ich diesen Bogen in die SHARP PA-4000 spannte zugunsten des Kabels an Euch zwei – begriff ich die Partie vollends. Ich hätte das Glied entblößen können, am Samstagvormittag, wenn der Laden brummt – swär nit viel schlimmer gwen. Eben (zum Akkuttest) 125 g Schlackwurst erworben bei der Juniorchefin – und: ab/so/lu/te Sicherheit bezüglich meiner Einschätzung, dass …
Gestern früh I thought to take the Highnoon-Jause im ›Schmied von Kochel‹ unter der Kastanie. Um neun Aufbruch mim Radl, um halb eins den Bachsaibling bestellt (mit dem Zitro-Schnitz, statt dem Zitro-Viertel), satte schlapp vierzig Eurio inkludio linkszweidreivier Halbe hell, denn es war sauhoaß, und der Durscht war groß, aber die Loisach schimmerte grünblaueisekühl, und in Spatzenhausen kehrte ich auf eine weitere Halbe ein und in Herrsching auch, und am Ahmd warn 170 KaEm aufm Tacho und das alles ohne Bypass.
O wie ich mich erinnre an unsern Treff im Thalia! Klasse! Was galt ich in der Metzgerei, ein TV-Star war ich! Unu bedienen sie am Tresen – sich ekelnd! – ein Schwein. Warum, Bärbl, warum Girgl, ismer soo blööd? Warum verdrängt man dass die ›Stellen‹ zu lesen vermögen, ha? Ein Festmeter Fragen das.
Bussi, Eia Tom Eia
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Die Illustrationen entnahmen wir Gerlach’s Jugendbücherei: Ferdinand Andry für A. Kopisch, ›Ausgewählte Gedichte‹, Gerlach Verlag, Wien 1904.
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(HT / BK / JS)
[…] der ganz Großen, wenn es um den souveränen, eigenwilligen Umgang mit Sprache ging (siehe etwa dieses Fax an Schröder/Kalender aus dem Jahr 2003). Seine konkret-Kolumne »Tomayers ehrliches Tagebuch« und andere Einlassungen […]