***
Der Bär flattert in östlicher Richtung.
***
Gestern waren wir auf der Leipziger Buchmesse, die Fahrt mit dem ICE dauerte eine Stunde. Auf dem Messestand des Verbrecher Verlages gratulierten wir unserem Verleger Jörg Sundermeier zum Kurt Wolff Preis 2014.
In seiner Laudatio sagte Dietmar Dath: »Wenn das so weitergeht, werden bald alle maßgeblichen Figuren des deutschsprachigen literarischen Freiheits- und Gerechtigkeitssinns, alle anarchistischen, sozialistischen, antifaschistischen, antikapitalistischen, antimonopolistischen Dichtungen irgendwann beim Verbrecher Verlag landen.«
Sein Wunsch sei uns Befehl! Um elf Uhr lasen wir im ›Berliner Zimmer‹ aus ›Kriemhilds Lache‹, unser Buch erschien letztes Jahr im Verbrecher Verlag.
v.l.n.r.: Jörg Sundermeier, Jörg Schröder und Marte Ohrt vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Landesverband Berlin-Brandenburg. Foto: Barbara Kalender
Diesen Raum für Lesungen und Gespräche soll es in Zukunft nicht mehr geben. 23 Jahre lang richtete der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Landesverband Berlin-Brandenburg, das ›Berliner Zimmer‹ während der Leipziger Messe ein – in diesem Jahr zum letzten Mal. Wir hoffen, dass der neue Berliner Kulturstaatssekretär Tim Renner es sich noch einmal überlegt, ob der Berliner Senat diese schöne Institution vielleicht doch weiter unterstützten will.
Am Eingang zu Halle 5 verteilte ein junger Mann Freiexemplare des Magazin-Relaunches von ›Andy Warhol’s Interview‹. Wir nahmen ein Exemplar mit und waren auf der Rückfahrt erstaunt, wie toll Warhols Idee der Amalgamation von Fotodesign und Werbeästhetik in diesem Heft funktioniert. So eine Armani-Doppelseite ist eben gute Kunst und die Berliner Porträts von Martin Schoeller gefielen uns auch.
Dann aber waren wir regelrecht ein wenig gerührt, denn auf der Seite 45 des Heftes gibt es ein Foto von Andy Warhol mit Freunden, darunter auch William S. Burroughs und Ronald Tavel, dessen Buch ›Street of Stairs‹ – also ›Stufen‹ – wir 1969 in der deutschen Olympia Press herausgebracht hatten.
Foto: David McCobe
Und neue Überraschung! Auf Seite 88 gibt es ein Regal mit Pop-Literatur in der Berliner Design-Buchhandlung pro qm. In dieser Buchhandlung hatten wir 2008 die 50. Folge von ›Schröder erzählt‹ abgefeiert.
Und was steht da oben links? Die Ausgabe ›POP am Rhein‹ (leider vergriffen), für die wir neben diversen Beiträgen auch das Key-Visual gestaltet hatten, zusammen mit Christian Broeckings ›Jeder Ton eine Rettungsstation‹ und Marc Degens’ ›Unsere Popmoderne‹, beide ebenfalls im Verbrecher Verlag erschienen, und Helmut Salzingers ›Best of Jonas Überohr‹, herausgegeben von Frank Schäfer, initiiert von unserem Koautor Jan-Frederik Bandel, dem vormaligen Lektor von Philo Fine Arts.
In Salzingers Buch gibt es den fulminanten Beitrag ›Hungrig hysterisch nackt‹ über Irving Rosenthals ›Schöps – Sheeper‹. Darin geht es auch um den Zustand der Literaturkritik im Jahr des Pops 1970. »Erbärmlich!« konstatiert Salzinger. Und daran hat sich leider bis heute wenig geändert. Darüber sollte sich Maxim Biller einmal verbreiten – wenn er Mumm genug hätte! – und nicht über den Zustand der deutschen Gegenwartsliteratur, die er offenbar nur rudimentär kennt.
Also wir stehen mit ›POP am Rhein‹ im pro-qm-Regal in guter Gesellschaft, und wenn man es als Verlag so weit gebracht hat, dass seine Bücher zusammen mit Modeaccessoires – also in diesem Falle Handtaschen – präsentiert werden, hat man es geschafft im Hinblick auf die Ewigkeit.
***
BK / JS