vonBlogwart 14.03.2009

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Verletzliche Orte, Türsteher u.a. – Wow, da hat’s ja gerappelt. Seitdem ich vorschlug, nicht mehr jeden Passanten bis ins Schulklo zu lassen, gab’s mächtig Reaktionen.

Erst nochmal die Passage aus dem 1er Kommentar: “Es kann nicht sein, dass man einfach in Schulen hineinspazieren kann. Auch Erfahrungen mit Sexualtätern und Gewalttätigen zeigen: Schulen müssen besser geschützt werden, etwa mit Türstehern. Das heißt ja nicht gleich, dass man Zäune und bewaffnete Patrouillen aufstellen muss. Aber die Türen dürfen nicht mehr jedem offen stehen.”

Darauf gabs in etwa diese Reaktionen. Manche schreiben – “Hr. Amok würde dann halt erst den Wachposten …  erschießen.” Andere sehen gleich die ganze (verlogene, pardon) deutsche Bildungstradition in Gefahr: “12 Jahre in einem Schul-Sicherheitsknast mit Koerper- und Gedankenkontrolle, Spitzeln und Zwang zur durchschnittlichen Angepasstheit, wo jede pubertaere Extremposition verfolgt wird- Nein danke. Da erzieht man Kinder zu Untertanen im Ueberwachungsstaat.”

[Sorry, aber was für ein bildungsbürgerlicher Käse! Der Staat, genauer die Länder lassen die Schulen derart runterkommen, sie lassen Schulen zu, in denen es wahrlich stinkt, die keinerlei Zukunftsperspektive vermitteln und in denen die Frage, ob jemand Untertan/Arbeitsloser wird, glasklar entschieden ist. Humboldt ist dort nicht zuhause. Kein Bürgerlicher schickt seine Kinder dorthin.]

Aber vielleicht nochmal zur Präzisierung des Vorschlags: Es gibt an vielen Stellen gute Erfahrungen damit, eine verantwortungsvolle Figur an die Tür einer Schule zu platzieren – die NICHT bewaffnet ist. Und die durchaus freundlich ist, also Offenheit signalisiert. Dennoch wirkt sie, wenn man so will, abschreckend. So etwas wäre mehr wie ein Schul-Concierge denn ein Wachmann. Ich glaube nicht, dass ein Schulschütze den so ohne weiteres angreifen würde. Denn er entspricht überhaupt nicht dem Feindbild. Die bisherigen Schulschützen waren nette, auch labile junge Männer, die allerdings schwere Demütigungen in der Schule erfahren haben – entweder durch die Mitschüler wie die zwei von Littleton oder durch die Schule wie in Erfurt. Die wollen keinen Sozialarbeiter an der Tür angreifen, sondern jene, die sie beleidigt und nicht anerkannt haben.

Es gibt übrigens reichlich miserable Erfahrungen mit offenen Türen: In Berlin spaziert ein Pädophiler morgens auf die Schulklos der Einrichtungen und spricht dort Jungs an. Und alle sind machtlos! An anderen Orten gehen Jugendgangs einfach so mal eben rein und schnappen sich einen rivalisierenden Teen. Alles das geht nur: Weil die Tür offen steht. Es gibt genug Eltern, die inzwischen diese realistische Erkenntnis gewinnen: der Staat zwingt mich zwar, meine Kinder in die Schule zu schicken – aber er kann sie gar nicht schützen, geschweige denn richtig aus/bilden!

Daher gebe ich zu, mein Vorschlag hat noch einen Hintergedanken. Das niedrigschwellige Hindernis, das ich aufbauen will, dieser vorgeschobene Posten der Schulsozialarbeit mit einem red button unter dem Tisch, diese Position fällt durch alle deutschen Bildungszuständigkeiten. Ich will gerne mal sehen, wie sich die Verantwortlichen wieder um eine notwendige Veränderung herumdrücken,  selbst nach erneut 12 toten Schülern und Lehrern. Schule ist ein verletzlicher Ort – und keiner ist bereit ihn zu schützen. Das ist die Essenz.

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