Was macht die schwarzbunte Kuh mittags auf dem Eis vor dem Hambuger Rathaus? Das hat ihr Bauer ja schon hingeschrieben: Die beiden sind mal wieder gegen Gentechnik. Ganz so einsam wie auf diesem Foto waren sie eigentlich gar nicht heute morgen. Aber ihre Freundinnen mussten wegen der Bannmeile leider draussen bleiben. Drinnen forderte derweil eine ganz grosse Koalition aus CDU und GAL, SPD und Linken in einem gemeinsamen Antrag ein gentechnikfreies Hamburg.
Was Gentechnikfreiheit in Hamburg künftig alles bedeuten wird, bleibt abzuwarten. In dem gemeinsamen Antrag ist davon die Rede, auf Empfängen, in Kantinen und Schulen, bei der internationalen Bauausstellung und der Internationalen Gartenschau auf alle Gentech-Produkte zu verzichten. Der Senat soll die Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“ für Milch (daran lag der Schwarzbunten besonders) und Fleisch aktiv bewerben, regionales statt importiertes Futter, klassiche Züchtung und Ökolandbau und überhaupt gentechnikfreie Produktion in der
Metropolregion Hamburg nach Kräften unterstützen. Die reicht, wie die Karte zeigt, von Lüchow-Dannenberg bis Dithmarschen.
Die erste Reaktion der schwarz-gelben Nachbarstaaten war zunächst noch ein wenig verhalten. Aus Niedersachsen kam kein Kommentar und aus Schleswig-Holstein hieß es gegenüber der taz: „Die Beschlussbefugnis endet an der Landesgrenze“´. Da wird Ole von Beust wohl noch ein wenig Überzeugungsarbeit leisten müssen. Auch für die beteiligten Genossen öffnet sich noch ein weites Feld: Berlin und Potsdam, Bremen, Düsseldorf und Köln… Nur in Bayern passt in dieser Frage zwischen rot und schwarz schon länger kein Blatt mehr. Nürnberg und München werden da von aktiven SPDlern, meist mit grüner Unterstützung genauso gentechnikfrei regiert wie der Freistaat.
Bleibt die Frage, wann sich Bundesländer wie Hamburg, Bremen, aber auch das Saarland und der Freistaat Bayern auch politisch und europäisch für die gemeinsamen Ziele einsetzen. Beim europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen warten 51 italienische, österreichische, baskische, schottische, griechische, polnische, belgische, kroatische, spanische und französische Landesregierungen schon seit einiger Zeit auf Beitrittserklärungen aus Deutschland. Denn seit das einst rot-grüne Schleswig-Holstein vor Jahren an Harry-Peter Carstensen fiehl, fehlen deutsche LandesfürstInnen leider in dem Club der Qualitäts-Regionen. Auf einer gemeinsamen Konferenz zur gentechnikfreien Landwirtschaft und Kennzeichnung im EU Kommittee der Regionen tauschten sie letzte Woche Erfahrungen zur Kennzeichnung und in Bezug auf den Verzicht von Import-Soya, aber auch über direkte Handelsbeziehungen mit gentechnikfreien Produzenten in Übersee aus und verabschiedeten eine gemeinsame Erklärung, in der sie eine entsprechende Agrarpolitik der Union fordern.
Beim Aktionsbündnis Hamburg gentechnikfrei war man heute erst mal happy und hofft, dass solchlei schwarzbunte Koalitionen bald auch in anderen Regionen der Republik Schule machen.