Vorgestern, am Tag nach Pfingsten, war beim SPIEGEL Matussek-Tag, berichtet Hans Leyendecker in der Süddeutschen Zeitung. Der wohl prominenteste SPIEGEL-Autor Matussek hatte in einem Radio-Interview für einen unbekannten regionalen Kirchensender bestätigt, daß seine Zeitung seit 1947 das offizielle antikirchliche Kampfblatt in Deutschland ist. Ganz gewollt und voller Stolz hat Rudolf Augstein dies ein halbes Jahrhundert lang betrieben. Fast könnte man sagen, dieser Antiklerikalismus sei der innerste Kern der SPIEGEL-Identität gewesen, etwa wie das Wort ‚Castor Transport‘ für die grüne Bewegung. ‚Sturmgeschütz der Demokratie‘ war die üblichere Selbstbezeichnung des SPIEGEL, aber gemeint war damit nur allzu oft ein lustvolles Dauerschießen gegen die christliche Religion und deren Kirchen, besser gesagt: nur die katholische. So war es, so sollte es sein, so liebten es die Leser. Nun aber, da Matussek diesen Umstand beiläufig noch einmal erwähnt – im Rahmen der Präsentation seines Bestsellers ‚Das katholische Abenteuer‘ – bricht plötzlich ein Sturm der Empörung los. Der SPIEGEL sei gar kein Kampfblatt gegen Papst & Kirche, nein nein, das könne gar nicht sein, da das Hamburger Nachrichtenmagazin ein ganz und gar UNABHÄNGIGES Blatt sei. Eine Art besserer FOCUS also. Fakten, Fakten, Fakten und nichts dahinter (so der branchenübliche Spott-Slogan gegen das nichtssagende weil eben wirklich unabhängige, bewußtlose Heftchen aus München). Sodaß sich die Frage stellt: Was bedeutet dieser Schwenk der SPIEGEL-Leute? Und was würde Rudolf Augstein dazu sagen?
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