Wieviel Roundup verträgt der Mensch? In fast zehn Prozent aller Getreideproben einer Übersichts-Studie der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA wurde der Wirkstoff des Totalherbizides nachgewiesen. Selbst kleinste Mengen dieses weltweit meistverkauften Pestizids der Firma Monsanto, so belegen verschiedene wissenschaftliche Experimente der letzten Zeit, können Schäden hervorrufen. Monsanto leugnet und bezweifelt zwar weiter, aber die Einschläge kommen näher. Die Grünen haben diese Woche ein Sofort-Verbot gefordert. Das wäre gar nicht gut für den gentechnischen „Fortschritt“ auf dem Lande. Denn bei weitem die meisten Gentechnikpflanzen weltweit sind „Roundup-Ready“.
In dem Gesamtbericht der EFSA wird Roundup freilich nicht einmal erwähnt. Hier geht es vor allem um die Überschreitung von Höchstmengen in Obst und Gemüse, die nach Angaben der Behörden im letzten Jahr von 6 auf 5% gesunken sind. Erst in Anhang III auf Seite 19 findet sich der Hinweis: von (verdächtig wenigen) 409 Getreide-Proben enthielten 39 Glyphosat. Nach dem nicht weniger gefährlichen Abbauprodukt „AMPA“ wurde in den Proben erst gar nicht gesucht. Selbst in einer der nur 18 genommenen Proben in Früchten und Gemüse wurde der Wirkstoff, der hier eigentlich gar nicht eingesetzt wird, nachgewiesen.
Nachdem eine Studie in Argentinien vor sechs Wochen den Verdacht nahelegte, dass Roundup Embryonalschäden hervorruft, hat jetzt der französische Toxikologe Gill Eric Seralini, der sich seit Langem mit dem Stoff beschäftigt, eine neue Studie veröffentlicht. Bereits in minimalen Dosen, weit unter den zugelassenen Grenzwerten, schreibt er, wirke es sowohl auf die Produktion männlicher als auch weiblicher Hormone (Adrogene und Östrogene) und schädige die DNA. In einem gemeinsam mit Kollegen aus Italien, USA, Neuseeland und Grossbritannien Papier wirft Seralini diese Woche den Zulassungsbehörden zudem vor, sekundäre Effekte des Pestizids, aber auch der dagegen immunisierten Gentechnikpflanzen durch unzureichende Teststandards zu ignorieren.
Auch wenn die Details dieses Papiers von Seralini unseren Horizont übersteigen, erinnert der Vorwurf stark an Monsanto’s Testmethoden bei der Einführung von Roundup-Ready GMOs: Bei den Fütterungsversuchen wurden damals kurzerhand gentechnisch gegen Roundup immunisierte Sojabohnen eingesetzt, die gar nicht mit Roundup behandelt worden waren. Nicht übermässig realistisch aber gezielt an einem Problem vorbeigetestet, das auch in späteren Untersuchungen stillschweigend umschifft wurde: Weil Roundup von Hause aus alle Pflanzen mit denen es in Berührung kommt abtötet, schien seine Aufnahme durch Lebens- oder Futtermittel kein allzu beunruhigendes Problem. Durch Roundup-Ready Pflanzen stellt sich diese Frage heute anders. Die Europäische Union setzte 1999 deshalb auf Betreiben von Monsanto den zulässigen Glyphosat-Rückstandswert MRL (maximum residue level) für Soja von 0,1 auf 20 Milligramm pro Kilo nach oben. Dagegen gilt ein Höchstwert von 0,05 mg pro Kilo in Fleisch, Milch und Eiern, mit Ausnahmen bis zu 2 mg Leber und Nieren.Nach Seralinis Berechnung könnte auch dies schon zuviel sein.
Die Risiko-Abschätzung der EFSA für Roundup-Ready-Pflanzen vermeidet die Frage wieviel Roundup-Rückstände der Mensch verträgt, ebenfalls geschickt: Das sei ein Problem der Pestizidgesetzgebung und habe mit dem Gentechnikrisiko schließlich nichts zu tun.
Die Grünen haben gestern ein Verbot von Roundup gefordert.