vonDetlef Guertler 18.06.2010

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Das wäre wieder mal ein Fall für die Aktion Lebendiges Deutsch, wenn es sie noch gäbe: Wie lauten die “frischen, bunten Wörter”, mit denen man “Social Data” eindeutschen kann? Ich vermute, dass es diese Wörter bzw. dieses Wort nicht gibt, und habe als Beleg dazu mein Editorial aus der aktuellen Ausgabe der von mir chefredigierten Zeitschrift GDI Impuls hier einkopiert. Aber natürlich bin ich über jeden froh, der versucht, das Gegenteil zu beweisen.
Wir haben uns das Hirn zermartert. Wir haben diskutiert, stundenlang, immer wieder, in wechselnden Runden. Wir haben Experten und die Fachliteratur zu Rate gezogen. Aber wir sind gescheitert: Wir haben es nicht geschafft, «Social Data» zu übersetzen. In »sozialen Daten» oder «Sozialdaten» schwingt für Deutschsprachler eher Sozialamt und Sozialpolitik mit, und nicht jenes «meine Beziehungen zu anderen Menschen betreffend», das im englischen Ursprungsbegriff gemeint ist. Aber «Beziehungsdaten» geht auch nicht, das tönt zu sehr nach Zweierbeziehung, und «Bewegungsdaten» nach Überwachungsstaat. Deshalb haben wir die Sprachwaffen gestreckt: Wo immer der Begriff «social data» im Heft auftaucht, bleibt er unübersetzt (und wird nur im Schriftbild etwas eingedeutscht, durch Grossschreibung nämlich).
Und ein paar Mal kommt er schon vor. Schließlich ist das Cover-Thema dieser Ausgabe aus einem Workshop namens «Social Data Revolution» hervorgegangen, der Anfang Februar am GDI Gottlieb Duttweiler Institute statt fand. Fünfzig Experten, Unternehmer und Manager aus Europa, Amerika und Asien kamen dort zusammen, um zu debattieren, ob und wie aus der rasant weiter steigenden Datenmenge, die wir auf Schritt und Tritt hinterlassen, auch eine neue Qualität entsteht – von Produkten, von Dienstleistungen, von Beziehungen oder auch von Daten.
Eine der zentralen Erkenntnisse des Workshops: Unsere Welt wird transparenter. Wir können immer besser erkennen, was in den Produkten steckt, und was hinter den Worten. Mit Location Based Services können wir durch Wände sehen, und in Facebook und anderen sozialen Netzwerken (auch so ein schiefer Halbanglizismus) machen wir uns selbst transparent. Damit haben wir am Ende zumindest für die Titelseite eine Lösung für das Übersetzungsproblem gefunden: Das Wort «Transparenz-Revolution» mag keine 1:1-Übersetzung von «Social Data Revolution» sein, aber es beschreibt was da draussen gerade passiert. Ob wir es wollen oder nicht.

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