Wer als Prozessbeobachter oder auch nur als einfacher Zuschauer in den Hochsicherheitsbau des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Kappesfeld will, muß eine Überprüfungsprozedur durchlaufen, die strenger ist als die Durchleuchtung an Flughäfen. Taschenkontrolle mit Röntgengerät, alle Handies, nicht nur die mit Kamera, müssen abgegeben werden. Das ist ja einzusehen, nachdem, was in deutschen Gerichtsgebäuden schon alles an Mord und Totschlag in der letzten Zeit geschah, allerdings vorwiegend bei Zivilverfahren und bei Scheidungsverfahren. Man denke an die arme Marwa al Sherbini.
Ich habe aber weder bei der „Sauerland-Gruppe“ noch bei dem „Al Qaida-Verfahren“ in Koblenz den Eindruck gehabt, dass das wirklich nötig gewesen wäre. Eine ernstzunehmende randalierende Sympathisantenszene, wie früher bei der RAF, ist bei den Islamisten nicht auszumachen und bei den türkischen Linken beschränkt sie sich auf ein paar Leute. In Koblenz wird Gepäck übrigens noch mit Hand durchsucht.
Was geschieht mit den Ausweiskopien?
Aber es werden auch die Ausweise kopiert, in beiden OLGen. Da gibt es auch keine Ausnahme bei Journalisten und Landtags- oder Bundestagsabgeordneten. Das wirft Fragen auf. Was geschieht mit den Daten? In Koblenz wurde mir sehr freundlich erklärt, dass der Senat gerne wüßte, wer am Prozess teilnehme, und dass die Kopien am Ende des Tages vernichtet würden. Aber: allein die Tatsache ist geeignet, Besucher abzuschrecken. Das Vorgehen in Düsseldorf ist jedenfalls mehrfach von Prozessbeobachtern, insbesondere Bundestags- und Landtagsabgeordneten der Linken kritisiert worden. Nach den Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko und Inge Höger waren am Dienstag letzter Woche die NRW-Landtagsabgeordneten Anna Conrads, Hamide Akbayir und Ali Atalan beim DHKP-C-Prozess im Zuschauerraum des OLG Düsseldorf. Anschließend kritisierten sie die Dauer der bisherigen U- Haft. Die drei Angeklagten befinden sich bereits seit 17 Monaten in Untersuchungshaft. Außerdem ließe die Akustik im Saal zu wünschen übrig. Die Verständlichkeit des Prozessgeschehens sei aber, so die neuen Landtagsabgeordneten, eine Voraussetzung für eine wirkliche Teilnahme der Zuschauer, die ja auch Zuhörer sein möchten. Wörtlich erklärten die drei Linken Politiker: „Wir haben bei unserem Besuch den Eindruck bekommen, das die Teilnahme der interessierten Öffentlichkeit bei diesem Prozess nicht gewünscht ist“.
In die gleiche Richtung zeigt eine Erfahrung, die mein Kollege Helmut Lorscheid bei seinem Besuch im Düsseldorfer Gericht machte. Als er sich über das Fotokopieren seines Personalausweises und über die Art und Weise der Zugangskontrolle beschwerte, hielt ihm eine Jusitzbedienstete entgegen: „Sie müssen ja nicht hierher kommen.“ Das war ihr sicher so rausgeflutscht – enthält nach dem Eindruck meines Kollegen aber viel Wahrheit. Er hat sich jedenfalls beim Gericht, beim Justizminsterium, bei Landtagsabgeordenten und wegen des Fotokopierens des Personalausweises und seines Presseausweises auch bei dem Datenschutzbeauftragten des Landes NRW nach der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen erkundigt. Das Justizministerium verwies auf das Gericht und von dort erhielt er die Antwort, die von ihm kritisierten Maßnahmen gingen auf Anordnungen des Vorsitzenden zurück. „Die sitzungspolizeilichen Maßnahmen ordnet der Vorsitzende gemäß Paragraph 176 GVG an. Welche Maßnahmen er trifft, liegt in seinem Ermessen.“ Dies sei Teil der „richterlichen Unabhängigkeit“. Im Landtag befassen sich jetzt einige Juristen in verschiedenen Landtagsfraktionen mit der Frage, ob das wirklich alles so sein muß – im Hochsicherheitsgericht in Düsseldorf-Hamm.