vonFalk Madeja 23.06.2009

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Hollands Zeitungen in NotZeitungs-Holland angeblich in Not – jedenfalls die Bezahl-Zeitungen und nun will die Regierung in Den Haag eingreifen. Grund: weil immer mehr junge Niederländer sich ihre Nachrichten von kostenlosen Zeitungen wie „Metro“ und „Spits“ oder unerhörterweise aus dem Internet holen bzw. stundenlang in sozialen Netzwerken, Chatrooms, bei Twitter usw. you-name-it verweilen und weder Zeit noch Lust auf traditionelle Zeitungen haben, hat eine Regierungs-Kommission unter Leitung des Ex-CDA-Ministers Elco Brinkman einen verwegenen Plan bedacht.

Das ganze Land soll zwangsweise über einen Aufschlag auf das Abo beim Internet Service-Provider mit einer Zusatz-Steuer auf den rechten Pfad – die Bezahl-Zeitung – zurück gebracht werden. Ziel ist es, um mit der virtuellen Wegelagerei jährlich 20 Millionen Euro zusammen zu bekommen und dieses Geld dann über die Redaktionen der traditionellen Zeitungen auszuschütten. Die sollen damit dann „innovative Internet-Projekte“ bedenken.

„Innovative Internet-Projekte“ – selbst in den Redaktionen der Bezahlt-Zeitungen dürften die meisten Leute vor Lachen vom Stuhl gefallen sein. Denn „innovative Projekte rund um Internet“ – ist es nicht genau das, was sie in den vergangenen Jahren in schöner Regelmässigkeit mit viel zu vielen Leuten und viel zu viel Geld an die Wand gefahren haben? Haben sie nicht in den ganzen Entscheidungs-Prozessen innerhalb ihrer aufgeblähten Organisationen „innovative Internet-Projekte“ behindert, frustriert, blockiert etc.? Damit die garantiert entweder zu spät auf den Markt kamen oder durch zu viel oder am besten viel zu viel Overhead nie rentabel werden konnten?

Die Kommission, so hatte die niederländische Medien-Welt erwartet, hätte auch was zur Situation der öffentlich-rechtlichen Sender sagen sollen. Die finanzieren sich anders als in Deutschland nicht über Gebühren sondern über Steuern – und auch noch über Reklame. Die Zeitungs-Verlage sowie kommerziellen Sender wie RTL und SBS sehen darin Marktverfälschung, gut zu sehen beim Kampf um die Fußballrechte. Meist in der Hand der Staatssender, die können immer noch eine staatliche Euro-Schippe drauflegen. Ansonsten bei diesen Sendern das gleiche Problem wie bei den Bezahl-Zeitungen: die jungen Leute wollen diese zwei Medien-Typen kaum sehen.

Noch eine Idee der Brinkman-Kommission. Die öffentlich-rechtlichen Sender sollen ihr Monopol auf TV-Zeitschriften aufgeben. Kaum zu glauben aber echt wahr: jahrzehntelang durften nur öffentlich-rechtliche Sender eine Fernseh-Zeitschrift herausgeben, nur die zu ProSiebenSat1-SBS gehörende Zeitschrift „Veronica“ ist nach einer Privatisierung eine Ausnahme. Der Verlag „De Telegraaf“ prozessierte jahrelang vergebens um das Recht der Herausgabe einer eigenen TV-Zeitschrift, nun sollen die „autorenrechtlich geschützten“ Programm-Details freigegeben werden.

Aber auch hier scheint bei der Kommission Brinkman nur ein begrenztes Verständnis für die neuen Medien zu bestehen. Haben nicht immer mehr TV-Geräte einen EPG (Elektronische Programm-Führer) und sehen nicht immer mehr Niederländer – vor allem wieder diese verfluchten jungen Leute – Fernsehen zeitversetzt im Internet? Gegen all das schreckliche Medien-Konsum-Verhalten, so denkt der arme Brinkman, muss dem Volk eine lenkende Web-Steuer aufgebrummt werden.

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