Wieder einmal hat die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), die im Osten des Kongo kämpft, von einem Rückzug der Regierungstruppen profitiert und ein Bergbaugebiet besetzt. Wie diverse kongolesische Medien berichten, steht die Gemeinde Baliga mit der traditionellen „chefferie“ Bakisa seit dem 22. August unter FDLR-Kontrolle. Die bisher dort stationierten Einheiten der Regierungsarmee FARDC seien zuvor abgezogen worden, zwecks Umschulung zur Bildung neuer „Regimenter“. Wie bereits andere Einheiten vor ihnen im Distrikt Shabunda der ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu.
Die FDLR hätten Straßensperren rund um das Gebiet errichtet, an denen sie Wegzoll kassierten, berichteten demzufolge die geflohenen Gemeindevertreter. iDer Großteil der Bevölkerung war schon zuvor in die nahe Gemeinde Lulingu geflohen und die jüngen Männer unter ihnen sollen sich dort der Selbstverteidigungsmiliz Raia Mutomboki angeschlossen haben. Die Kämpfe zwischen dieser Miliz, die den Mai-Mai zuzuordnen ist, und der FDLR haben n den vergangenen Monaten Zehntausende Menschen die Flucht getrieben.
Am 12. August hatte die FDLR nach Angaben der UN-Mission (Monusco) das Bergbaugebiet Lukatu nordöstlich der Goldgräberstadt Kamituga und weitere Ortschaften in dieser Region angegriffen. Später kam es zu weiteren Übergriffen, die einen Flüchtlingsstrom in die Distrikthauptstadt Mwenga herbeiführten, berichtet die humanitäre UN-Abteilung OCHA in ihrem neuesten Wochenbericht zu Süd-Kivu. Und weiter nördlich zirkulierten Ende Juli sogar Gerüchte über einen bevorstehenden Großangriff der FDLR auf die Stadt Bunyakiri, die die UN zu Truppenverstärkungen bewogen hätten, so die Monusco.
Auffällig an all diesen Nachrichten: das Fehlen des kongolesischen Staates und seiner Organe, einschließlich der Armee FARDC, als Akteur – mit Ausnahme der Nachricht, wieder einmal habe sich die FARDC zurückgezogen. Gibt Kongos Regierung Teile Ostkongos bewußt auf, um kurz vor schwierigen Wahlen die Unsicherheit aufflammen zu lassen und dann eine weitere Militarisierung rechtfertigen zu können?